2016 Oktober – BEIGEWUM

Archiv für Oktober 2016


Präsentation Kurswechsel Heft 3/2016: Klimapolitik und Systemwandel

31. Oktober 2016 – 15:15 Uhr

Don­ners­tag, 24. Novem­ber 2016, 19:00 Uhr im Repu­bli­ka­ni­scher Club, Rockh­gas­se 1, 1010 Wien

 

Umfas­sen­de media­le Bericht­erstat­tung über den Kli­ma­wan­del sowie des­sen unmit­tel­ba­ren Aus­wir­kun­gen ver­wei­sen auf die Dring­lich­keit den Kli­ma­wan­del nach­hal­tig zu bekämp­fen. Nichts­des­to­trotz konn­ten in der inter­na­tio­na­len Kli­ma­po­li­tik bis­her kaum Erfol­ge ver­bucht wer­den. Das Ziel einer dekar­bo­ni­sier­ten Wirt­schaft scheint trotz gefass­ter Beschlüs­se auf der Kli­ma-Kon­fe­renz in Paris im letz­ten Win­ter, näm­lich den Tem­pe­ra­tur­an­stieg seit Beginn der Indus­tria­li­sie­rung unter 2 Grad zu hal­ten, wei­ter­hin außer Reich­wei­te zu liegen.

Die­se Kurs­wech­sel Aus­ga­be gibt einen Über­blick über aktu­el­le Dis­kus­si­ons­punk­te rund um Kli­ma­wan­del und Kli­ma­po­li­ti­ken und stellt deren gesell­schafts- und wirt­schafts­po­li­ti­sche Bear­bei­tun­gen in den Mit­tel­punkt der Ana­ly­se. Das Heft fragt nach der Rol­le neu­er tech­no­lo­gi­scher Ent­wick­lun­gen wie auch nach dem Ver­hält­nis von Umwelt­be­we­gun­gen zu Gewerk­schaf­ten oder der Trag­fä­hig­keit neu­er zivil­ge­sell­schaft­li­cher Alter­na­ti­ven. Die öko­lo­gi­sche Fra­ge wird im Zusam­men­hang mit der sozia­len Fra­ge ver­stan­den, wodurch ver­tei­lungs­po­li­ti­sche Aspek­te erör­tert sowie Kli­ma­ge­rech­tig­keit und die Not­wen­dig­keit eines Sys­tem­wan­dels in den Vor­der­grund gerückt werden.

 

Es dis­ku­tie­ren fol­gen­de AutorIn­nen des Hef­tes: Moni­ka Mayr­ho­fer (Lud­wig Boltz­mann Insti­tut für Men­schen­rech­te), Nora Räth­zel (Uni­ver­si­tät Umea) und Chris­toph Streiss­ler (AK Wien)

Mode­ra­ti­on: Micha­el Soder (WU Wien) und Flo­ri­an Wuko­vitsch (AK Wien)

 

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Ringvorlesung: Europäisierung der politischen Ökonomie Österreichs

25. Oktober 2016 – 17:43 Uhr

Auch die­ses Semes­ter dis­ku­tie­ren wir wie­der die fol­gen­den Fra­gen im Rah­men der von Stu­die­ren­den selbst­or­ga­ni­sier­ten Lehr­ver­an­stal­tung an der WU:

Wie las­sen sich die Meta­mor­pho­sen der poli­ti­schen Öko­no­mie Öster­reichs vor dem Hin­ter­grund von Pro­zes­sen inten­si­vier­ter „Euro­päi­sie­rung“ und „Glo­ba­li­sie­rung“ ver­ste­hen? Wie haben sich wirt­schaft­li­che, poli­ti­sche und gesell­schaft­li­che Grund­struk­tu­ren ver­än­dert? Wel­che Kon­ti­nui­tä­ten und Brü­che des „Modell Öster­reich“ zei­gen sich in den letz­ten 20 Jah­ren ins­be­son­de­re auch im Gefol­ge des EU-Bei­tritts und der Finanz- und Wirt­schafts­kri­se 2008ff.? Was sind zen­tra­le Kräfte(-verhältnisse), die auf die Ver­än­de­run­gen der poli­ti­schen Öko­no­mie Öster­reichs ein­ge­wirkt haben? Wel­che Umbau­mo­men­te öster­rei­chi­scher Staat­lich­keit las­sen sich im Spie­gel die­ser Ent­wick­lun­gen in aus­ge­wähl­ten Poli­tik­be­rei­chen beob­ach­ten? Die­sen Fra­gen geht die Lehr­ver­an­stal­tung zur ver­tie­fen­den Dis­kus­si­on nach. Sie wid­met sich damit dem Ver­such einer kri­ti­schen Bilanz zen­tra­ler Ent­wick­lungs­li­ni­en in Poli­tik, Wirt­schaft und Gesellschaft.

Als Basis Lite­ra­tur dient das Buch: Poli­ti­sche Öko­no­mie Österreichs

Eine Rezen­si­on fin­det sich hier

solv-ws2016

 

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Niemals vergessen! Nie wieder Faschismus!

25. Oktober 2016 – 16:49 Uhr

In den Jah­ren 1939 — 1942 wur­den vom ehe­ma­li­gen Aspangbahn­hof zehn­tau­sen­de öster­rei­chi­sche Juden in Ver­nich­tungs­la­ger trans­por­tiert und kehr­ten nicht mehr zurück“

Nie­mals ver­ges­sen! Nie wie­der Faschismus!

Mahn­wa­che und Kund­ge­bung: Mitt­woch, 9. Novem­ber 2016, 18 Uhr. Gedenk­stein vor dem ehe­ma­li­gen Aspangbahn­hof (Platz der Opfer der Depor­ta­ti­on, 1030 Wien)

 

Zu dieser Kundgebung rufen auf:

Abg. z. LT Made­lei­ne Petro­vic; Abg. z. NR Albert Stein­hau­ser; Abg. z. NR Karl Öllin­ger; Alter­na­ti­ve und Grü­ne Gewerk­schaf­te­rIn­nen (AUGE/​UG); BEIGEWUM; BR Susan­ne Empa­cher – Kom­mu­nis­ti­sche Par­tei Land­stra­ße; Bund Sozi­al­de­mo­kra­ti­scher Freiheitskämpfer/​innen, Opfer des Faschis­mus und akti­ver Antifaschist/​inn/​en; David Schal­ko; Deser­teurs- und Flücht­lings­be­ra­tung; Die Grü­nen Wien; Doron Rabi­novici (Repu­bli­ka­ni­scher Club); Eva Lach­ko­vics – Die Grü­nen Frau­en Wien; FSG-Betriebs­grup­pe der AK-Wien; Gewerk­schaft­li­cher Links­block (GLB); Grü­ner Klub im Rat­haus; Info­la­den Wels; Initia­ti­ve Aspangbahn­hof; Israe­li­ti­sche Kul­tus­ge­mein­de Wien (IKG Wien); Kom­mu­nis­ti­sche Par­tei Öster­reichs – Wien (KPÖ-Wien); KZ-Ver­ban­d/V­dA Bun­des­ver­band; Lan­des­ver­band KZ-Ver­ban­d/V­dA; Lan­des­ver­band Wien KZ-Ver­ban­d/V­dA; Maut­hau­sen Komi­tee Öster­reich (MKÖ); Niki Kun­rath – Die Grü­nen Wien; Öster­rei­chi­sche KZ-Ver­ei­ni­gung Buchen­wald; Peter Men­as­se – Chef­re­dak­teur „Nu“; Pierre Ramus Gesell­schaft; Prof. Rudolf Gel­bard; Redak­ti­on „Akin“; Repu­bli­ka­ni­scher Club Wien – Neu­es Öster­reich; Roma­no Cen­tro – Ver­ein für Roma; Ser­vice Civil Inter­na­tio­nal (SCI); Sozia­lis­ti­sche Jugend Wien (SJ-Wien); Sozia­lis­ti­sche Links­Par­tei (SLP); SPÖ – Bezirks­or­ga­ni­sa­ti­on Land­stra­ße; SPÖ – Sek­ti­on Euro­ga­te; Unab­hän­gi­ges Anti­fa­schis­ti­sches Per­so­nen­ko­mi­tee Bur­gen­land; Ver­ein GEDENKDIENST; Ver­ein Inter­na­tio­na­ler Zvil­dienst; Ver­ein Stei­ne des Geden­kens für die Opfer der Shoa; Wien Anders; Wie­ner Arbei­te­rIn­nen Syn­di­kat (WAS)

 

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Woran gedenken wir am 9. November?

Schon in der Nacht vom 11. zum 12. März 1938, also anläß­lich des Ein­mar­sches der deut­schen Wehr­macht in Öster­reich, began­nen Aus­schrei­tun­gen gegen Jüdin­nen und Juden in Öster­reich. Vie­le wur­den von SA- und HJ-Leu­ten wie von „ein­fa­chen“ Par­tei­mit­glie­dern, die sich ihre Haken­kreuz­bin­den und Orden ange­hef­tet haben, ver­haf­tet, geschla­gen und öffent­lich gede­mü­tigt. Fens­ter­schei­ben wur­den ein­ge­schla­gen. Juden und Jüdin­nen wur­den gezwun­gen Paro­len, wel­che Anhän­ger des aus­tro­fa­schis­ti­schen Bun­des­kanz­lers Schu­sch­nigg am Vor­abend des „Anschlus­ses“ auf Wän­de und Geh­stei­ge geschrie­ben haben mit Reib- und Zahn­bürs­ten weg­zu­wa­schen. Wie­wohl man­cher der Schau­lus­ti­gen ihre Bekann­ten und Freun­dIn­nen unter den Gede­mü­tig­ten erkannt haben muß­te, hat nie­mand den Mut auf­ge­bracht zu pro­tes­tie­ren – was zu die­sem Zeit­punkt sowohl mög­lich als auch sinn­voll hät­te sein kön­nen. Mit die­sen Ernied­ri­gun­gen begann die sys­te­ma­ti­sche Dis­kri­mi­nie­rung der öster­rei­chi­schen Juden und Jüdin­nen. Umso hef­ti­ger als im „Alt­reich“, weil in Öster­reich die Ent­wick­lung, die in Deutsch­land fünf Jah­re gedau­ert hat­te, in kür­zes­ter Zeit über die Betrof­fe­nen her­ein­ge­bro­chen ist.

Etwa 200.000 Öster­rei­che­rIn­nen wur­den nach den „Nürn­ber­ger Ras­sen­ge­set­zen“ zu „Juden“ erklärt, wobei etwa 180.000 von ihnen tat­säch­lich der jüdi­schen Reli­gi­on ange­hör­ten. Die Nazis began­nen mit Berufs­ver­bo­ten und Aus­bil­dungs­be­schrän­kun­gen, Juden und Jüdin­nen wur­den in ihrer Bewe­gungs­frei­heit ein­ge­schränkt. Das ers­te Ziel war es, die

jüdi­sche Bevöl­ke­rung aus dem öffent­li­chen Leben zu drän­gen. Dann soll­te ihr die wirt­schaft­li­che Lebens­grund­la­ge ent­zo­gen und nicht zuletzt: gleich ob Arm, ob Reich, ihr gesam­tes Ver­mö­gen geraubt wer­den und die­ses zumin­dest nach Wil­len der Nazi-Gran­den in die Kas­sen des „Drit­ten Rei­ches“ flie­ßen – obwohl sich auch manch ande­rer dabei „bedient“ hatte.

Adolf Eich­mann, ein streb­sa­mer Bie­der­mann im Diens­te des Sicher­heits­diens­tes (SD) der SS, wur­de nach Wien beor­dert, um die „Zen­tral­stel­le für jüdi­sche Aus­wan­de­rung“ auf­zu­bau­en. „Aus­wan­de­rung“ hieß die Beschö­ni­gung für das Vor­ha­ben der Nazis, mög­lichst vie­le Jüdin­nen und Juden aus Öster­reich zu ver­trei­ben. Doch davor soll­te sicher­ge­stellt wer­den, daß die­se nicht mehr als die not­wen­digs­ten Hab­se­lig­kei­ten mit sich neh­men konn­ten, der gesam­te übri­ge Besitz wur­de beschlagnahmt.

Trotz des ste­tig zuneh­men­den Ter­rors durch die Nazis konn­ten und woll­ten vie­le die Hei­mat nicht Hals über Kopf ver­las­sen. Beson­ders älte­ren Men­schen fiel das schwer.

Die füh­ren­den Nazis hat­ten schon lan­ge auf einen Anlaß gewar­tet, die JüdIn­nen­ver­fol­gung zu ver­schär­fen. Sie brauch­ten einen Vor­wand, mit dem sie die­se v. a. auch gegen­über dem Aus­land recht­fer­ti­gen und gegen­über der eige­nen Bevöl­ke­rung die Akzep­tanz dafür erhö­hen konnten.

 

Der 9. November 1938 – die Bedeutung des Novemberpogroms

Der 17-jäh­ri­ge Her­schel Grynszpan schoß am 7. Novem­ber in Paris als Pro­test gegen die JüdIn­nen­ver­fol­gung auf den deut­schen Diplo­ma­ten Ernst v. Rath, nach­dem sei­ne Eltern und Geschwis­ter aus Deutsch­land nach Polen abge­scho­ben wor­den waren. Nach­dem Rath kurz spä­ter starb, orga­ni­sier­te Joseph Goe­b­bels am 9. Novem­ber 1938 eine reichs­wei­te Akti­on gegen die jüdi­sche Bevöl­ke­rung, wel­che als „spon­ta­ner Aus­bruch des Volks­zorns“ getarnt wurde.

Die­se Akti­on wur­de wegen der geleg­ten Feu­er, wel­che sich in den zer­bro­che­nen Fens­ter­schei­ben wie „Kris­tal­le“ spie­gel­ten beschö­ni­gend „Reichs­kris­tall­nacht“ genannt. Die­se Nacht dau­er­te tat­säch­lich meh­re­re Tage und Näch­te. Nun wur­den tau­sen­de jüdi­sche Woh­nun­gen und Geschäf­te geplün­dert, zer­stört und „ari­siert“. 42 Syn­ago­gen und Bet­häu­ser wur­den in Brand gesteckt und ver­wüs­tet. Nicht nur in Wien, auch in den klei­ne­ren öster­rei­chi­schen Städ­ten wie Inns­bruck kam es zu blu­ti­gen Über­grif­fen. Zahl­rei­che Men­schen star­ben in Öster­reich wäh­rend des und nach dem Novem­ber­po­grom an den Fol­gen der Miß­hand­lun­gen oder nah­men sich aus Ver­zweif­lung das Leben.

6547 Jüdin­nen und Juden wur­den in Wien im Zuge des Novem­ber­po­groms ver­haf­tet, 3700 davon ins KZ Dach­au depor­tiert. Und: Die jüdi­sche Bevöl­ke­rung wur­de dazu ver­pflich­tet für alle Schä­den des gegen sie gerich­te­ten Pogroms aufzukommen!

Das Novem­ber­po­grom war der ent­schei­den­de Schritt, die begon­ne­nen Ent­rech­tungs- und Berau­bungs­maß­nah­men gegen Juden und Jüdin­nen zu voll­enden. Es war aber auch eine Art „Test­lauf“ der Nazis, wie­viel JüdIn­nen­ver­fol­gung der Bevöl­ke­rung zuzu­mu­ten sei, ohne daß es zu nen­nens­wer­tem Wider­stand dage­gen kommt.

 

Der Aspangbahnhof

Mit dem deut­schen Über­fall auf Polen begann offi­zi­ell der 2. Welt­krieg in Euro­pa. Zu die­sem Zeit­punkt leb­ten noch etwa 70.000 Jüdin­nen und Juden in Wien. Alle ver­blie­be­nen öster­rei­chi­schen Jüdinnen

und Juden waren mitt­ler­wei­le nach Wien geschickt wor­den. Dort leb­ten sie zusam­men­ge­pfercht in Sam­mel­woh­nun­gen und ‑lager, unter schlech­ten Bedin­gun­gen und schlecht ver­sorgt. Sie wur­den regis­triert und muß­ten ab Sep­tem­ber 1941 einen gel­ben David­stern tra­gen, wie auch die noch von Jüdin­nen und Juden bewohn­ten Woh­nun­gen mit einem sol­chen gekenn­zeich­net wur­den, um den Behör­den die Ver­fol­gung bzw. Aus­he­bung für die Depor­ta­tio­nen zu erleichtern.

Die ers­ten Depor­ta­tio­nen soll­ten noch dem zumin­dest vor­geb­li­chen Ziel die­nen, deut­sche bzw. öster­rei­chi­sche Jüdin­nen und Juden in einem „Juden­re­ser­vat“ in Polen anzu­sie­deln. Die­ser Plan wur­de aber nie verwirklicht.

Im Früh­jahr 1941 for­der­te der neue Gau­lei­ter von Wien, Bal­dur von Schi­rach, die Depor­ta­tio­nen wie­der auf­zu­neh­men, um die ver­blie­be­nen jüdi­schen Woh­nun­gen „frei­ma­chen“ zu kön­nen. Juden und Jüdin­nen wur­den erfaßt und regis­triert und in der Fol­ge Lis­ten für die Depor­ta­tio­nen zusammengestellt.

Die Depor­ta­tio­nen erfolg­ten vom Aspangbahn­hof. Die­se wur­den zuerst mit nor­ma­len Per­so­nen­wag­gons der 3. Klas­se, spä­ter dann mit Vieh­wag­gons, durch­ge­führt und „nur“ von nor­ma­ler Poli­zei bewacht, nicht von der SS. Zum einen woll­ten die Nazis wohl die Illu­si­on einer „Aus­wan­de­rung“ für die Betrof­fe­nen und die beob­ach­te­ten­de Bevöl­ke­rung auf­recht­erhal­ten, zum andern rech­ne­ten sie nicht mit nen­nens­wer­tem Wider­stand durch die Betrof­fe­nen, weil vie­le der aus Wien Depor­tier­ten älte­re Men­schen bzw. Frau­en waren. Die Opfer der ers­ten Depor­ta­tio­nen im Jahr 1941 wur­den auf die Ghet­tos im besetz­ten Rest-Polen auf­ge­teilt. Arbeits­fä­hi­ge kamen meist in die Zwangs­ar­beits­la­ger der SS. Die meis­ten die­ser am Anfang 1941 Depor­tier­ten soll­ten im Früh­jahr und Som­mer 1942 „Aus­kämm­ak­tio­nen“ der SS zum Opfer fal­len oder wur­den zusam­men mit den pol­ni­schen Jüdin­nen und Juden in die Ver­nich­tungs­la­ger gebracht. Tau­sen­de öster­rei­chi­sche Juden und Jüdin­nen wur­den in Lagern wie Maly Trosti­nez mas­sen­haft erschos­sen oder in Gas­wa­gen ermordet.

Spä­ter führ­ten die Depor­ta­ti­ons­zü­ge vom Aspangbahn­hof in das Ghet­to The­re­si­en­stadt in der Nähe von Prag, von wo aus die Züge Rich­tung Ver­nich­tungs­la­ger Treb­lin­ka, Sobi­bor, Ausch­witz bzw. Auschwitz/​Birkenau gin­gen, wel­che mitt­ler­wei­le schon mit rie­si­gen Gas­kam­mern aus­ge­stat­tet waren. Mit dem Zweck mög­lichst vie­le Men­schen in mög­lichst kur­zer Zeit und – für die Mör­der – mög­lichst „scho­nend“ umzubringen.

Unter­des­sen wur­den auch öster­rei­chi­sche Roma und Sin­ti (sie wur­den zuerst als „Aso­zia­le“, spä­ter als „Zigeu­ner“ ver­folgt) von der Kri­mi­nal­po­li­zei bzw. Gesta­po beraubt und in den Lagern Lackenbach/​Burgenland, Maxglan/​Salzburg und St. Pantaleon/​OÖ inter­niert. Sie wur­den immer wie­der zu Zwangs­ar­beit her­an­ge­zo­gen. Etwa 5000 Roma und Sin­ti, in der Regel gan­ze Fami­li­en, wur­den 1941 in das Ghet­to Lodz depor­tiert und letzt­lich im Ver­nich­tungs­la­ger Kulmhof/​Chelmo ermor­det. Ein gro­ßer Teil der ver­blie­be­nen Roma und Sin­ti aus Öster­reich wur­de nach Auschwitz/​Birkenau gebracht und ermor­det, nur weni­ge über­leb­ten. Bei der Befrei­ung des Lagers Lacken­bach durch die Rote Armee waren dort noch höchs­tens 400 Häftlinge.

Nach 40 gro­ßen und vie­len klei­ne­ren Trans­por­ten aus Wien leb­ten von 200.000 öster­rei­chi­schen Jüdin­nen und Juden 1945 noch etwa 5000 in Wien. Sogar noch in den letz­ten Tagen der Kämp­fe um Wien ver­üb­te eine SS-Ein­heit ein Mas­sa­ker an neun hier ver­blie­be­nen Juden.

15 bis 20.000 öster­rei­chi­sche Jüdin­nen und Juden, wel­che sich nach der Flucht in die Tsche­cho­slo­wa­kei, nach Bel­gi­en und Frank­reich schon in Sicher­heit geglaubt haben, fie­len nach der Erobe­rung die­ser Län­der durch die deut­sche Wehr­macht ihren Mör­dern in die Hände.

6 Mil­lio­nen euro­päi­sche Juden und Jüdin­nen sind der Shoa, auch „Holo­caust“ genannt, zum Opfer gefal­len, min­des­tens 65.500 davon stamm­ten aus Öster­reich. Die­se Zahl ist eine Min­dest­zahl, da

vie­le Ermor­de­te namen­los oder auch „staa­ten­los“ waren und des­halb nicht als öster­rei­chi­sche Staats­bür­ge­rIn­nen erfasst wur­den. Von den 11 bis 12.000 öster­rei­chi­schen „Zigeu­nern“ wur­den zwi­schen 1938 und 1945 schät­zungs­wei­se 9500 ermor­det, etwa 2000 über­leb­ten die Depor­ta­tio­nen. Zudem sind zig­tau­sen­de „Erb­kran­ke“ (Behin­der­te), „Aso­zia­le“, Zeu­gIn­nen Jeho­vas, Zwangs­ar­bei­te­rIn­nen, Deser­teu­re und „Wehr­kraft­zer­set­zer“, Homosexuelle,

Kri­mi­nel­le und poli­ti­sche Geg­ne­rIn­nen bzw. Wider­stands­kämp­fe­rIn­nen aus Öster­reich der Mord­ma­schi­ne­rie der Nazis zum Opfer gefallen.

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The European Union: The Threat of Disintegration – ein Bericht von der 22. Euromemo-Konferenz

18. Oktober 2016 – 13:51 Uhr

Theurl Simon

Vom 15. bis 17. Sep­tem­ber tra­fen sich in Coim­bra in Por­tu­gal Öko­nom­In­nen aus ganz Euro­pa um im Rah­men der 22. EURO­ME­MO-Kon­fe­renz die aktu­el­len Ent­wick­lun­gen inner­halb der Euro­päi­schen Uni­on zu dis­ku­tie­ren. Die Kon­fe­renz wird jähr­lich von der Euro­me­mo­grup­pe orga­ni­siert – einem Netz­werk von Öko­nom­In­nen die sich für Voll­be­schäf­ti­gung, sozia­le Gerech­tig­keit, öko­lo­gi­sche Nach­hal­tig­keit und inter­na­tio­na­le Soli­da­ri­tät ein­set­zen. Dem Titel der Kon­fe­renz ent­spre­chend – „The Euro­pean Uni­on: the Thre­at of Dis­in­te­gra­ti­on“ – stan­den bei die­ser Kon­fe­renz ins­be­son­de­re die sich zuspit­zen­den Des­in­te­gra­ti­ons­ten­den­zen, im Zen­trum der Debat­ten. Die EU, so der Aus­gangs­punkt der Debat­te, wird zuneh­mend von neo­li­be­ra­ler Wirt­schafts­po­li­tik domi­niert, wel­che nicht in der Lage ist die öko­no­mi­sche Kri­se zu über­win­den, adäqua­te Hil­fe für die trans­kon­ti­nen­tal Flüch­ten­den zu leis­ten und rechts­po­pu­lis­ti­schen bis ‑extre­mis­ti­schen anti­de­mo­kra­ti­schen Bewe­gun­gen ihre Grund­la­ge zu ent­zie­hen. Unfä­hig Wachs­tum, Kon­ver­genz, Men­schen­rech­te und Demo­kra­tie zu garan­tie­ren, schei­tert die EU an ihren eige­nen Maß­stä­ben. Stei­gen­de Frus­tra­ti­on in der Bevöl­ke­rung und der zuneh­men­de Legi­ti­mi­täts­ver­lust sind die bit­te­ren Kon­se­quen­zen des poli­ti­schen Scheiterns.

 

Anhal­ten­de Kri­se in der Peri­phe­rie befeu­ert Desintegration

Neun Jah­re nach dem Aus­bruch der Finanz­kri­se im Jahr 2007 befin­det sich vor allem die Peri­phe­rie der Euro­päi­schen Uni­on nach wie vor in der Kri­se. Das macht sich nicht zuletzt in sta­gnie­ren­den Arbeits­ein­kom­men und stei­gen­der Arbeits­lo­sig­keit, vor allem unter Jugend­li­chen, bemerk­bar. Als eine der Kon­se­quen­zen der Export­über­schuss­po­li­tik, vor allem von Deutsch­land, drif­ten die BIP-Wachs­tums­ra­ten, die indus­tri­el­le Pro­duk­ti­on und die Beschäf­ti­gungs­ra­ten der euro­päi­schen Mit­glieds­län­der wei­ter aus­ein­an­der. Dass die Markt­li­be­ra­li­sie­rung der letz­ten Deka­den zur erhoff­ten „Euro­päi­schen Kon­ver­genz“ führt ent­spricht somit kaum der Rea­li­tät – so die Bot­schaft der Eröff­nungs­re­de „The Sta­te of the Uni­on“ von Luis Lopez von der Uni­ver­si­tät von Coimbra.

 

Junckers Inves­ti­ti­ons­plan wird nicht ausreichen

In ihren Bemü­hun­gen, die Kon­junk­tur mit­hil­fe expan­si­ver Geld­po­li­tik anzu­re­gen, stößt die Euro­päi­sche Zen­tral­bank an ihre mone­tä­ren Gren­zen, wäh­rend die spar­po­li­ti­sche Aus­rich­tung der Kom­mis­si­on die­se Maß­nah­men ohne­hin kon­ter­ka­riert. Dabei nimmt die Gefahr zu, in eine Defla­ti­on zu schlit­tern. Wäh­rend der Spiel­raum für öffent­li­che Inves­ti­tio­nen, vor allem in den Län­dern die am stärks­ten von der Kri­se betrof­fen sind, durch eine fal­sche Wirt­schafts­po­li­tik ein­ge­schränkt wird, ist es sehr unwahr­schein­lich, dass Junckers im Früh­ling 2015 vor­ge­leg­ter Inves­ti­ti­ons­plan die not­wen­di­gen Inves­ti­tio­nen sti­mu­lie­ren kann. Es zeich­net sich bereits ab, dass durch die frei­ge­setz­ten Mit­tel kei­ne neu­en Inves­ti­tio­nen ange­regt wer­den kön­nen, son­dern, dass jene Inves­ti­tio­nen, wel­che unab­hän­gig von Jun­kers Inves­ti­ti­ons­plan so wie so getä­tigt wer­den, nun mit öffent­li­chen Mit­teln sub­ven­tio­niert wer­den. Wäh­rend die dadurch erziel­ten Gewin­ne in die Taschen der Inves­to­ren flie­ßen, wer­den Tei­le der Inves­ti­ti­ons­kos­ten sozia­li­siert. Es ist nicht zu erwar­ten, dass sich dadurch die Nach­fra­ge in dem Aus­maß erhö­hen lässt, dass es zu neu­en Wachs­tums­dy­na­mi­ken und sin­ken­der Arbeits­lo­sig­keit kommt. Fort­schrei­ten­de Diver­genz zwi­schen den ein­zel­nen Mit­glieds­län­dern, aber auch zwi­schen den Ein­kom­men der Men­schen in den Mit­glieds­staa­ten, wird den Druck auf das Euro­päi­sche Pro­jekt zuneh­mend erhöhen.

 

Poli­ti­sche Bruch­li­ni­en tre­ten immer kla­rer hervor

Par­al­lel zu den öko­no­mi­schen Kri­sen­er­schei­nun­gen wur­den die poli­ti­schen Bruch­stel­len der Euro­päi­schen Uni­on ver­stärkt dis­ku­tiert. Das Schei­tern im Umgang mit der Flücht­lings­si­tua­ti­on führt vor Augen, dass die aktu­el­le Uni­on nicht in der Lage ist die not­wen­di­ge Koor­di­nie­rung zur gemein­sa­men Ver­sor­gung und Ver­tei­lung der migrie­ren­den zustan­de zu brin­gen. Anstel­le koor­di­nier­ten Han­delns wird aus einer huma­ni­tä­ren Kri­se ein natio­na­lis­ti­sches „Schwar­zer Peter“ Spiel. Der dabei statt­fin­den­de Rück­griff auf natio­na­lis­ti­sche Denk- und Argu­men­ta­ti­ons­mus­ter, wel­che Aus­druck im Auf­he­ben des Schen­gen-Abkom­mens fin­det, stellt erneut das Euro­päi­sche Pro­jekt in Frage.

Davon ver­mö­gen vor allem die erstar­ken­den rechts­po­pu­lis­ti­schen und rechts­ex­tre­men Par­tei­en und Bewe­gun­gen zu pro­fi­tie­ren. Im Anschluss an die Zuspit­zung der „Ver­hand­lun­gen“ mit der grie­chi­schen Regie­rung im letz­ten Jahr, wel­che sich in der Dro­hung eines Aus­schlus­ses Grie­chen­lan­des zuspitz­te, lie­fert Groß­bri­tan­ni­en nun den ers­ten tat­säch­li­chen Prä­ze­denz­fall für einen Aus­tritt aus der Euro­päi­schen Uni­on. Sowohl die poli­ti­schen als auch die öko­no­mi­schen Aus­wir­kun­gen im Kon­text der skiz­zier­ten Ent­wick­lun­gen und Situa­tio­nen inner­halb der EU las­sen sich nur schwer vor­weg­neh­men. Die poli­ti­sche Kri­se der Euro­päi­schen Uni­on lässt sich auf drei Dimen­sio­nen zurück­füh­ren: die poli­ti­sche Öko­no­mie, die Migra­ti­ons­kri­se und der Auf­stieg der rechts-natio­na­lis­ti­schen Par­tei­en – fasst Hans-Jür­gen Bie­ling von der Uni­ver­si­tät Tübin­gen die aktu­el­le Situa­ti­on zusam­men. Wäh­rend also die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on in der Bewäl­ti­gung der öko­no­mi­schen und huma­ni­tä­ren Kri­se ver­sagt und ihre Exis­tenz­le­gi­ti­mi­tät an rechts­po­pu­lis­ti­sche bis rechts­ex­tre­me Bewe­gun­gen ver­liert, ver­sucht Jun­ker einen Kon­sens für die EU durch eine ver­stärk­te „Sicher­heits­po­li­tik“ zu bewahren.

 

Gibt es lin­ke Handlungsspielräume?

Die zu dis­ku­tie­ren­de Fra­ge nach poli­ti­schen Hand­lungs­spiel­räu­men zwi­schen „Des­in­te­gra­ti­on und Erneue­rung der Euro­päi­schen Uni­on“ wur­de von Céd­ric Durand, von der Paris XIII Uni­ver­si­tät, beim Abschluss­ple­num auf­ge­grif­fen. Durand ana­ly­siert den Pro­zess der euro­päi­schen Inte­gra­ti­on aus regu­la­ti­ons­theo­re­ti­scher Per­spek­ti­ve, als Ver­schie­bung der domi­nan­ten struk­tu­rel­len For­men: vom Ein­kom­mens­ne­xus über das Wett­be­werbs­ver­hält­nis hin zu Geld und Finan­zen. Die­se Betrach­tungs­wei­se hilft zu ver­ste­hen, wie­so sich kei­ne Legis­la­ti­ve für einen sozia­len Aus­gleich der Gewin­ne mate­ria­li­sie­ren konn­te, die zuneh­mend erst durch Wett­be­werb und dann durch Finanz­ak­ti­vi­tä­ten erzielt wur­den. Denn Durand ana­ly­siert den Pro­zess der Euro­päi­schen Inte­gra­ti­on seit der Mit­te der 80er Jah­re als eine räum­li­che Rekon­fi­gu­ra­ti­on von Staat­lich­keit, wel­che trans­na­tio­na­le Finanz­in­ter­es­sen gegen­über Arbeits­in­ter­es­sen struk­tu­rell bevor­zug­te. Die Euro­päi­sche Inte­gra­ti­on und dabei vor allem der Euro, in Abwe­sen­heit einer sinn­vol­len euro­päi­schen Fis­kal­po­li­tik, erzeug­te nicht nur die struk­tu­rel­len öko­no­mi­schen Ungleich­ge­wich­te, son­dern führ­te auch zu einer Desyn­chro­ni­sie­rung von Klas­sen­in­ter­es­sen und somit von Klas­sen­kämp­fen. Die­se räum­li­che und zeit­li­che Ungleich­zei­tig­keit mache lin­ke Erfol­ge auf der kon­ti­nen­ta­len Ebe­ne zur­zeit unmög­lich. Auf Grund­la­ge die­ser Ana­ly­se plä­diert Durand schließ­lich für eine selek­ti­ve Des­in­te­gra­ti­on aus den geld­po­li­ti­schen Arran­ge­ments und Han­dels­ver­ein­ba­run­gen, wel­che durch das gleich­zei­ti­ge Enga­ge­ment der Stär­kung vor­han­de­ner sozi­al- und umwelt­po­li­ti­scher Koope­ra­tio­nen auf inter­na­tio­na­lem Level gestützt wird. Eine The­se, die sicher noch brei­ter zu dis­ku­tie­ren ist!

 

Aus­blick: Euro­me­mo 2017

Die (offi­zi­el­len) Ergeb­nis­se der Dis­kus­sio­nen wer­den Ende des Jah­res im EUROMEMORANDUM 2017 ver­öf­fent­licht und kön­nen dann auf der Home­page her­un­ter­ge­la­den wer­den. Des Wei­te­ren star­tet ab 2017 eine Dis­kus­si­ons­rei­he, bei der in kur­zen Papers Stel­lung zu aktu­el­len Ent­wick­lun­gen (unter ande­rem in Hin­blick auf den Bre­x­it oder Per­spek­ti­ven in den euro­päi­schen Peri­phe­rien) genom­men wird.

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Zivilgesellschaftliches Zukunftsbudget 2017-2019 – 70 Schritte in ein gutes Leben für alle!

7. Oktober 2016 – 14:29 Uhr

Das Zivil­ge­sell­schaft­li­che Zukunfts­bud­get 2017–2019 ist online

Ein Bud­get besteht aus tro­cke­nen Zah­len, so die ein­hel­li­ge Mei­nung. Nichts­des­to­trotz wer­den dar­in die grund­le­gen­den Zuta­ten für ein Zusam­men­le­ben zusam­men­ge­mixt: Einer­seits aus­ga­ben­sei­tig Gel­der für sozia­le Absi­che­rung, Gesund­heits­ver­sor­gung, Bil­dung, Jobs, Investitionen‑, etc. Ande­rer­seits wird ein­nah­men­sei­tig fest­ge­legt, wer dafür zah­len soll. Grund genug, sich in die poli­ti­sche Debat­te um die Aus­ge­stal­tung des Bud­gets ein­zu­mi­schen. Das macht das Bünd­nis „Wege aus der Kri­se“ nun schon seit 2010, indem es bis­her jähr­lich ein alter­na­ti­ves Zukunfts­bud­get ver­öf­fent­lich­te. Bei die­ser Alli­anz han­delt es sich um einen inno­va­ti­ven Zusam­men­schluss zivil­ge­sell­schaft­li­cher Orga­ni­sa­tio­nen und Gewerk­schaf­ten, der unter ande­rem auch vom BEIGEWUM unter­stützt wird.

Die­ses Jahr zum ers­ten Mal wer­den 70 Emp­feh­lun­gen für sozi­al gerech­te und öko­lo­gisch nach­hal­ti­ge Steu­er­struk­tur­re­form und für Zukunfts­in­ves­ti­tio­nen in Bud­get­form – zeit­gleich mit der Vor­la­ge des Bud­gets im Natio­nal­rat – für einen drei­jäh­ren Zeit­raum bis 2019 prä­sen­tiert. Auch wenn sich die mit­tel­fris­ti­ge Haus­halts­pla­nung des Bun­des laut eines aktu­el­len Rech­nungs­hof­be­richts als nicht sehr effek­tiv erweist, wur­de das Zivil­ge­sell­schaft­li­che Zukunfts­bud­get auf einen drei­jäh­ri­gen Betrach­tungs­zeit­raum aus­ge­wei­tet, um eine län­ger­fris­ti­ge Per­spek­ti­ve in den Dis­kurs einzubringen.

 

Öffent­li­che Inves­ti­tio­nen als Schwerpunkt

 Gera­de in Zei­ten einer wirt­schaft­li­chen Flau­te sind Inves­ti­tio­nen der öffent­li­chen Hand wich­tig, um die gesam­te Nach­fra­ge zu stär­ken und der Kon­junk­tur so Wind in die Segel zu geben. Vor dem Hin­ter­grund his­to­risch nied­ri­ger Zin­sen las­sen sich sol­che Inves­ti­tio­nen auch leich­ter finan­zie­ren und belas­ten die zukünf­ti­gen Bud­gets weni­ger. Lei­der gehen aber die Inves­ti­tio­nen der öffent­li­chen Hand der­zeit auf­grund der ideo­lo­gisch gepräg­ten wirt­schafts­po­li­ti­schen Aus­teri­täts­po­li­tik zurück, die Wirt­schaft wächst weni­ger und die Ver­un­si­che­rung in der Bevöl­ke­rung steigt an. Wich­ti­ge Zukunfts­the­men wie die Kli­ma­kri­se und der damit ver­bun­de­ne not­wen­di­ge Umbau unse­res Wirt­schafts­sys­tems wer­den wei­ter­hin igno­riert bzw. auf die nächs­ten Jah­re vertagt.

Das vor­lie­gen­de Zukunfts­bud­get sieht zusätz­li­che Ein­nah­men und Aus­ga­ben von jeweils rund 10,7 Mrd. € vor (zusätz­lich zu den im Bud­get des Bun­des 2017 geplan­ten Ein­zah­lun­gen und Auszahlungen).

Inves­ti­tio­nen sol­len vor allem in die Berei­che Ener­gie­wen­de (ther­mi­sche Sanie­rung, dezen­tra­le Strom­ver­sor­gung, Aus­bau öffent­li­cher Ver­kehr), Gesundheit/​Soziales (Aus­wei­tung Pfle­ge­sach­leis­tun­gen, Gehalts­aus­wei­tun­gen, Pfle­ge­geld­va­lo­ri­sie­rung, Pfleg­fonds), Bil­dung (Aus­bau Ganz­tags­schu­len, mehr Lehr­per­so­nal), Armut­sprä­ven­ti­on (Erhö­hung Min­dest­si­che­rung, Anhe­bung Arbeits­lo­sen­geld, Arbeits­zeit­ver­kür­zung), Kunst und Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit fließen.

 

Mehr Steu­er­ge­rech­tig­keit und Arbeits­plät­ze als zwei­ter Schwerpunkt

Ein­nah­men­sei­tig soll es dabei zu einer Aus­wei­tung der ver­mö­gens­be­zo­ge­nen Steu­ern (Erbschafts‑, Schenkungs‑, Vermögens‑, Grund- oder Stif­tungs­steu­er) kom­men. Hohe und bis­her unge­recht erfass­te Ein­kom­men sol­len besteu­ert wer­den (Wert­schöp­fungs­ab­ga­be, Börsenumsatzsteuer/​Finanztransaktionssteuer, Spit­zen­ein­kom­men und Über­stun­den, pro­gres­si­ve Kör­per­schafts­steu­er, Ban­ken­ab­ga­be etc.). Schließ­lich sol­len umfang­rei­che Öko­steu­ern (Erhö­hung Mine­ral­öl­steu­er, Road­pri­cing für LKW, Abschaf­fung von Begüns­ti­gun­gen bei Kero­sin, Fir­men­wa­gen, Koh­le­ver­stro­mung) regelnd und len­kend wirken.

Das Zukunfts­bud­get ent­hält aber nicht nur Bud­get­zah­len, son­dern ver­sucht auch die Aus­wir­kun­gen der jewei­li­gen Vor­schlä­ge auf den Arbeits­markt anzu­ge­ben. Mehr als 176.000 zusätz­li­che Jobs wür­den durch die­ses Reform­pa­ket geschaf­fen wer­den und die Situa­ti­on am Arbeits­markt etwas entschärfen.

 

Kein alter­na­ti­ves Bud­get ohne Demokratisierung 

Prin­zi­pi­ell geht es den Unter­stüt­ze­rIn­nen des zivil­ge­sell­schaft­li­chen Zukunfts­bud­gets dar­um, einen kon­kre­ten Vor­schlag in die aktu­el­le Bud­get­de­bat­te ein­zu­brin­gen und auch die Rol­le der Öffent­lich­keit zu unter­strei­chen. Wür­de ein Bud­get brei­ter dis­ku­tiert wer­den, wür­den Aspek­te wie Gen­der­ge­rech­tig­keit, Umver­tei­lung oder auch Kli­ma­fra­gen akti­ver ange­gan­gen wer­den. Aber nicht ein­mal im öster­rei­chi­schen Natio­nal­rat wird das Bud­get aktiv gestal­tet, son­dern meist die Regie­rungs­vor­la­ge ohne Ände­run­gen oder gro­ße Dis­kus­sio­nen abseits der Regie­rungs­par­tei­en angenommen.

 

Der Ver­gleich macht sicher

Im Ver­gleich zum von Finanz­mi­nis­ter Schel­ling am 12. Okto­ber dem Natio­nal­rat prä­sen­tier­ten Bud­get für 2017 zeigt sich in der zivil­ge­sell­schaft­li­chen Vari­an­te eine kla­re­re Zukunfts­ori­en­tie­rung: Durch die höhe­ren Inves­ti­tio­nen in wich­ti­ge Berei­che wird eine deut­li­che Abkehr von Aus­teri­tät und Man­gel­wirt­schaft vor­ge­zeigt und ein Wach­sen aus der Kri­se her­aus erst ermög­licht. Dem Reform­stau der letz­ten Jah­re in den Berei­chen Umver­tei­lung von Ver­mö­gen, Gehäl­tern und Arbeit, aber auch im Bereich der Öko­lo­gi­sie­rung des Steu­er­sys­tems, wird mit den „70 Schrit­ten für ein gutes Leben für alle“ ein Ende gemacht. Es stellt daher eine wirt­schafts­po­li­tisch not­wen­di­ge und bud­get­po­li­tisch rich­ti­ge Erwei­te­rung des Bun­des­vor­anschla­ges der Bun­des­re­gie­rung dar.

 

Der BEIGEWUM unter­stützt die Arbei­ten des zivil­ge­sell­schaft­li­chen Bud­gets und der Alli­anz „Wege aus der Kri­se“. Auch wir for­dern eine wei­ter­ge­hen­de Bud­get­de­bat­te, ein Ende der zer­stö­re­ri­schen Aus­teri­täts­po­li­tik und eine Umver­tei­lung von Arbeit und Ver­mö­gen in unse­rer Gesell­schaft. Bud­get­po­li­tik darf nicht los­ge­löst von einer all­ge­mein wohl­stands­ori­en­tier­ten Wirt­schafts­po­li­tik erfol­gen. Das Bud­get soll eben­falls inter­na­tio­na­ler aus­ge­rich­tet sein und sich an den beschlos­se­nen Kli­ma- und Ent­wick­lungs­zie­len ori­en­tie­ren und die­se nicht immer nach hin­ten ver­schie­ben. Wir for­dern eine kla­re Umset­zung der Kli­ma­zie­le von Paris und die Erfül­lung des 0,7 %-Ziels in der Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit, um die Sus­tainab­le Deve­lo­p­ment Goals zu erreichen.

Lese­tipp: Mythen des Spa­rens - Anti­zy­kli­sche Alter­na­ti­ven zur Schuldenbremse

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