Niemals vergessen! Nie wieder Faschismus! – BEIGEWUM

Niemals vergessen! Nie wieder Faschismus!

am 25. Oktober 2016 um 16:49h

In den Jah­ren 1939 — 1942 wur­den vom ehe­ma­li­gen Aspangbahn­hof zehn­tau­sen­de öster­rei­chi­sche Juden in Ver­nich­tungs­la­ger trans­por­tiert und kehr­ten nicht mehr zurück“

Nie­mals ver­ges­sen! Nie wie­der Faschismus!

Mahn­wa­che und Kund­ge­bung: Mitt­woch, 9. Novem­ber 2016, 18 Uhr. Gedenk­stein vor dem ehe­ma­li­gen Aspangbahn­hof (Platz der Opfer der Depor­ta­ti­on, 1030 Wien)

 

Zu dieser Kundgebung rufen auf:

Abg. z. LT Made­lei­ne Petro­vic; Abg. z. NR Albert Stein­hau­ser; Abg. z. NR Karl Öllin­ger; Alter­na­ti­ve und Grü­ne Gewerk­schaf­te­rIn­nen (AUGE/​UG); BEIGEWUM; BR Susan­ne Empa­cher – Kom­mu­nis­ti­sche Par­tei Land­stra­ße; Bund Sozi­al­de­mo­kra­ti­scher Freiheitskämpfer/​innen, Opfer des Faschis­mus und akti­ver Antifaschist/​inn/​en; David Schal­ko; Deser­teurs- und Flücht­lings­be­ra­tung; Die Grü­nen Wien; Doron Rabi­novici (Repu­bli­ka­ni­scher Club); Eva Lach­ko­vics – Die Grü­nen Frau­en Wien; FSG-Betriebs­grup­pe der AK-Wien; Gewerk­schaft­li­cher Links­block (GLB); Grü­ner Klub im Rat­haus; Info­la­den Wels; Initia­ti­ve Aspangbahn­hof; Israe­li­ti­sche Kul­tus­ge­mein­de Wien (IKG Wien); Kom­mu­nis­ti­sche Par­tei Öster­reichs – Wien (KPÖ-Wien); KZ-Ver­ban­d/V­dA Bun­des­ver­band; Lan­des­ver­band KZ-Ver­ban­d/V­dA; Lan­des­ver­band Wien KZ-Ver­ban­d/V­dA; Maut­hau­sen Komi­tee Öster­reich (MKÖ); Niki Kun­rath – Die Grü­nen Wien; Öster­rei­chi­sche KZ-Ver­ei­ni­gung Buchen­wald; Peter Men­as­se – Chef­re­dak­teur „Nu“; Pierre Ramus Gesell­schaft; Prof. Rudolf Gel­bard; Redak­ti­on „Akin“; Repu­bli­ka­ni­scher Club Wien – Neu­es Öster­reich; Roma­no Cen­tro – Ver­ein für Roma; Ser­vice Civil Inter­na­tio­nal (SCI); Sozia­lis­ti­sche Jugend Wien (SJ-Wien); Sozia­lis­ti­sche Links­Par­tei (SLP); SPÖ – Bezirks­or­ga­ni­sa­ti­on Land­stra­ße; SPÖ – Sek­ti­on Euro­ga­te; Unab­hän­gi­ges Anti­fa­schis­ti­sches Per­so­nen­ko­mi­tee Bur­gen­land; Ver­ein GEDENKDIENST; Ver­ein Inter­na­tio­na­ler Zvil­dienst; Ver­ein Stei­ne des Geden­kens für die Opfer der Shoa; Wien Anders; Wie­ner Arbei­te­rIn­nen Syn­di­kat (WAS)

 

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Woran gedenken wir am 9. November?

Schon in der Nacht vom 11. zum 12. März 1938, also anläß­lich des Ein­mar­sches der deut­schen Wehr­macht in Öster­reich, began­nen Aus­schrei­tun­gen gegen Jüdin­nen und Juden in Öster­reich. Vie­le wur­den von SA- und HJ-Leu­ten wie von „ein­fa­chen“ Par­tei­mit­glie­dern, die sich ihre Haken­kreuz­bin­den und Orden ange­hef­tet haben, ver­haf­tet, geschla­gen und öffent­lich gede­mü­tigt. Fens­ter­schei­ben wur­den ein­ge­schla­gen. Juden und Jüdin­nen wur­den gezwun­gen Paro­len, wel­che Anhän­ger des aus­tro­fa­schis­ti­schen Bun­des­kanz­lers Schu­sch­nigg am Vor­abend des „Anschlus­ses“ auf Wän­de und Geh­stei­ge geschrie­ben haben mit Reib- und Zahn­bürs­ten weg­zu­wa­schen. Wie­wohl man­cher der Schau­lus­ti­gen ihre Bekann­ten und Freun­dIn­nen unter den Gede­mü­tig­ten erkannt haben muß­te, hat nie­mand den Mut auf­ge­bracht zu pro­tes­tie­ren – was zu die­sem Zeit­punkt sowohl mög­lich als auch sinn­voll hät­te sein kön­nen. Mit die­sen Ernied­ri­gun­gen begann die sys­te­ma­ti­sche Dis­kri­mi­nie­rung der öster­rei­chi­schen Juden und Jüdin­nen. Umso hef­ti­ger als im „Alt­reich“, weil in Öster­reich die Ent­wick­lung, die in Deutsch­land fünf Jah­re gedau­ert hat­te, in kür­zes­ter Zeit über die Betrof­fe­nen her­ein­ge­bro­chen ist.

Etwa 200.000 Öster­rei­che­rIn­nen wur­den nach den „Nürn­ber­ger Ras­sen­ge­set­zen“ zu „Juden“ erklärt, wobei etwa 180.000 von ihnen tat­säch­lich der jüdi­schen Reli­gi­on ange­hör­ten. Die Nazis began­nen mit Berufs­ver­bo­ten und Aus­bil­dungs­be­schrän­kun­gen, Juden und Jüdin­nen wur­den in ihrer Bewe­gungs­frei­heit ein­ge­schränkt. Das ers­te Ziel war es, die

jüdi­sche Bevöl­ke­rung aus dem öffent­li­chen Leben zu drän­gen. Dann soll­te ihr die wirt­schaft­li­che Lebens­grund­la­ge ent­zo­gen und nicht zuletzt: gleich ob Arm, ob Reich, ihr gesam­tes Ver­mö­gen geraubt wer­den und die­ses zumin­dest nach Wil­len der Nazi-Gran­den in die Kas­sen des „Drit­ten Rei­ches“ flie­ßen – obwohl sich auch manch ande­rer dabei „bedient“ hatte.

Adolf Eich­mann, ein streb­sa­mer Bie­der­mann im Diens­te des Sicher­heits­diens­tes (SD) der SS, wur­de nach Wien beor­dert, um die „Zen­tral­stel­le für jüdi­sche Aus­wan­de­rung“ auf­zu­bau­en. „Aus­wan­de­rung“ hieß die Beschö­ni­gung für das Vor­ha­ben der Nazis, mög­lichst vie­le Jüdin­nen und Juden aus Öster­reich zu ver­trei­ben. Doch davor soll­te sicher­ge­stellt wer­den, daß die­se nicht mehr als die not­wen­digs­ten Hab­se­lig­kei­ten mit sich neh­men konn­ten, der gesam­te übri­ge Besitz wur­de beschlagnahmt.

Trotz des ste­tig zuneh­men­den Ter­rors durch die Nazis konn­ten und woll­ten vie­le die Hei­mat nicht Hals über Kopf ver­las­sen. Beson­ders älte­ren Men­schen fiel das schwer.

Die füh­ren­den Nazis hat­ten schon lan­ge auf einen Anlaß gewar­tet, die JüdIn­nen­ver­fol­gung zu ver­schär­fen. Sie brauch­ten einen Vor­wand, mit dem sie die­se v. a. auch gegen­über dem Aus­land recht­fer­ti­gen und gegen­über der eige­nen Bevöl­ke­rung die Akzep­tanz dafür erhö­hen konnten.

 

Der 9. November 1938 – die Bedeutung des Novemberpogroms

Der 17-jäh­ri­ge Her­schel Grynszpan schoß am 7. Novem­ber in Paris als Pro­test gegen die JüdIn­nen­ver­fol­gung auf den deut­schen Diplo­ma­ten Ernst v. Rath, nach­dem sei­ne Eltern und Geschwis­ter aus Deutsch­land nach Polen abge­scho­ben wor­den waren. Nach­dem Rath kurz spä­ter starb, orga­ni­sier­te Joseph Goe­b­bels am 9. Novem­ber 1938 eine reichs­wei­te Akti­on gegen die jüdi­sche Bevöl­ke­rung, wel­che als „spon­ta­ner Aus­bruch des Volks­zorns“ getarnt wurde.

Die­se Akti­on wur­de wegen der geleg­ten Feu­er, wel­che sich in den zer­bro­che­nen Fens­ter­schei­ben wie „Kris­tal­le“ spie­gel­ten beschö­ni­gend „Reichs­kris­tall­nacht“ genannt. Die­se Nacht dau­er­te tat­säch­lich meh­re­re Tage und Näch­te. Nun wur­den tau­sen­de jüdi­sche Woh­nun­gen und Geschäf­te geplün­dert, zer­stört und „ari­siert“. 42 Syn­ago­gen und Bet­häu­ser wur­den in Brand gesteckt und ver­wüs­tet. Nicht nur in Wien, auch in den klei­ne­ren öster­rei­chi­schen Städ­ten wie Inns­bruck kam es zu blu­ti­gen Über­grif­fen. Zahl­rei­che Men­schen star­ben in Öster­reich wäh­rend des und nach dem Novem­ber­po­grom an den Fol­gen der Miß­hand­lun­gen oder nah­men sich aus Ver­zweif­lung das Leben.

6547 Jüdin­nen und Juden wur­den in Wien im Zuge des Novem­ber­po­groms ver­haf­tet, 3700 davon ins KZ Dach­au depor­tiert. Und: Die jüdi­sche Bevöl­ke­rung wur­de dazu ver­pflich­tet für alle Schä­den des gegen sie gerich­te­ten Pogroms aufzukommen!

Das Novem­ber­po­grom war der ent­schei­den­de Schritt, die begon­ne­nen Ent­rech­tungs- und Berau­bungs­maß­nah­men gegen Juden und Jüdin­nen zu voll­enden. Es war aber auch eine Art „Test­lauf“ der Nazis, wie­viel JüdIn­nen­ver­fol­gung der Bevöl­ke­rung zuzu­mu­ten sei, ohne daß es zu nen­nens­wer­tem Wider­stand dage­gen kommt.

 

Der Aspangbahnhof

Mit dem deut­schen Über­fall auf Polen begann offi­zi­ell der 2. Welt­krieg in Euro­pa. Zu die­sem Zeit­punkt leb­ten noch etwa 70.000 Jüdin­nen und Juden in Wien. Alle ver­blie­be­nen öster­rei­chi­schen Jüdinnen

und Juden waren mitt­ler­wei­le nach Wien geschickt wor­den. Dort leb­ten sie zusam­men­ge­pfercht in Sam­mel­woh­nun­gen und ‑lager, unter schlech­ten Bedin­gun­gen und schlecht ver­sorgt. Sie wur­den regis­triert und muß­ten ab Sep­tem­ber 1941 einen gel­ben David­stern tra­gen, wie auch die noch von Jüdin­nen und Juden bewohn­ten Woh­nun­gen mit einem sol­chen gekenn­zeich­net wur­den, um den Behör­den die Ver­fol­gung bzw. Aus­he­bung für die Depor­ta­tio­nen zu erleichtern.

Die ers­ten Depor­ta­tio­nen soll­ten noch dem zumin­dest vor­geb­li­chen Ziel die­nen, deut­sche bzw. öster­rei­chi­sche Jüdin­nen und Juden in einem „Juden­re­ser­vat“ in Polen anzu­sie­deln. Die­ser Plan wur­de aber nie verwirklicht.

Im Früh­jahr 1941 for­der­te der neue Gau­lei­ter von Wien, Bal­dur von Schi­rach, die Depor­ta­tio­nen wie­der auf­zu­neh­men, um die ver­blie­be­nen jüdi­schen Woh­nun­gen „frei­ma­chen“ zu kön­nen. Juden und Jüdin­nen wur­den erfaßt und regis­triert und in der Fol­ge Lis­ten für die Depor­ta­tio­nen zusammengestellt.

Die Depor­ta­tio­nen erfolg­ten vom Aspangbahn­hof. Die­se wur­den zuerst mit nor­ma­len Per­so­nen­wag­gons der 3. Klas­se, spä­ter dann mit Vieh­wag­gons, durch­ge­führt und „nur“ von nor­ma­ler Poli­zei bewacht, nicht von der SS. Zum einen woll­ten die Nazis wohl die Illu­si­on einer „Aus­wan­de­rung“ für die Betrof­fe­nen und die beob­ach­te­ten­de Bevöl­ke­rung auf­recht­erhal­ten, zum andern rech­ne­ten sie nicht mit nen­nens­wer­tem Wider­stand durch die Betrof­fe­nen, weil vie­le der aus Wien Depor­tier­ten älte­re Men­schen bzw. Frau­en waren. Die Opfer der ers­ten Depor­ta­tio­nen im Jahr 1941 wur­den auf die Ghet­tos im besetz­ten Rest-Polen auf­ge­teilt. Arbeits­fä­hi­ge kamen meist in die Zwangs­ar­beits­la­ger der SS. Die meis­ten die­ser am Anfang 1941 Depor­tier­ten soll­ten im Früh­jahr und Som­mer 1942 „Aus­kämm­ak­tio­nen“ der SS zum Opfer fal­len oder wur­den zusam­men mit den pol­ni­schen Jüdin­nen und Juden in die Ver­nich­tungs­la­ger gebracht. Tau­sen­de öster­rei­chi­sche Juden und Jüdin­nen wur­den in Lagern wie Maly Trosti­nez mas­sen­haft erschos­sen oder in Gas­wa­gen ermordet.

Spä­ter führ­ten die Depor­ta­ti­ons­zü­ge vom Aspangbahn­hof in das Ghet­to The­re­si­en­stadt in der Nähe von Prag, von wo aus die Züge Rich­tung Ver­nich­tungs­la­ger Treb­lin­ka, Sobi­bor, Ausch­witz bzw. Auschwitz/​Birkenau gin­gen, wel­che mitt­ler­wei­le schon mit rie­si­gen Gas­kam­mern aus­ge­stat­tet waren. Mit dem Zweck mög­lichst vie­le Men­schen in mög­lichst kur­zer Zeit und – für die Mör­der – mög­lichst „scho­nend“ umzubringen.

Unter­des­sen wur­den auch öster­rei­chi­sche Roma und Sin­ti (sie wur­den zuerst als „Aso­zia­le“, spä­ter als „Zigeu­ner“ ver­folgt) von der Kri­mi­nal­po­li­zei bzw. Gesta­po beraubt und in den Lagern Lackenbach/​Burgenland, Maxglan/​Salzburg und St. Pantaleon/​OÖ inter­niert. Sie wur­den immer wie­der zu Zwangs­ar­beit her­an­ge­zo­gen. Etwa 5000 Roma und Sin­ti, in der Regel gan­ze Fami­li­en, wur­den 1941 in das Ghet­to Lodz depor­tiert und letzt­lich im Ver­nich­tungs­la­ger Kulmhof/​Chelmo ermor­det. Ein gro­ßer Teil der ver­blie­be­nen Roma und Sin­ti aus Öster­reich wur­de nach Auschwitz/​Birkenau gebracht und ermor­det, nur weni­ge über­leb­ten. Bei der Befrei­ung des Lagers Lacken­bach durch die Rote Armee waren dort noch höchs­tens 400 Häftlinge.

Nach 40 gro­ßen und vie­len klei­ne­ren Trans­por­ten aus Wien leb­ten von 200.000 öster­rei­chi­schen Jüdin­nen und Juden 1945 noch etwa 5000 in Wien. Sogar noch in den letz­ten Tagen der Kämp­fe um Wien ver­üb­te eine SS-Ein­heit ein Mas­sa­ker an neun hier ver­blie­be­nen Juden.

15 bis 20.000 öster­rei­chi­sche Jüdin­nen und Juden, wel­che sich nach der Flucht in die Tsche­cho­slo­wa­kei, nach Bel­gi­en und Frank­reich schon in Sicher­heit geglaubt haben, fie­len nach der Erobe­rung die­ser Län­der durch die deut­sche Wehr­macht ihren Mör­dern in die Hände.

6 Mil­lio­nen euro­päi­sche Juden und Jüdin­nen sind der Shoa, auch „Holo­caust“ genannt, zum Opfer gefal­len, min­des­tens 65.500 davon stamm­ten aus Öster­reich. Die­se Zahl ist eine Min­dest­zahl, da

vie­le Ermor­de­te namen­los oder auch „staa­ten­los“ waren und des­halb nicht als öster­rei­chi­sche Staats­bür­ge­rIn­nen erfasst wur­den. Von den 11 bis 12.000 öster­rei­chi­schen „Zigeu­nern“ wur­den zwi­schen 1938 und 1945 schät­zungs­wei­se 9500 ermor­det, etwa 2000 über­leb­ten die Depor­ta­tio­nen. Zudem sind zig­tau­sen­de „Erb­kran­ke“ (Behin­der­te), „Aso­zia­le“, Zeu­gIn­nen Jeho­vas, Zwangs­ar­bei­te­rIn­nen, Deser­teu­re und „Wehr­kraft­zer­set­zer“, Homosexuelle,

Kri­mi­nel­le und poli­ti­sche Geg­ne­rIn­nen bzw. Wider­stands­kämp­fe­rIn­nen aus Öster­reich der Mord­ma­schi­ne­rie der Nazis zum Opfer gefallen.

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