Krise – BEIGEWUM

Stichwort: Krise


30. Mai: Die EU in der Krise

Mai. 23rd 2012 — 11:19

Die EU in der Kri­se: Zwi­schen auto­ri­tä­rem Eta­tis­mus und euro­päi­schem Frühling

Datum: Mitt­woch, 30. Mai, 19 Uhr

Ort: NIG, 2. Stock, Hör­saal 1, Uni­ver­si­täts­stra­ße 7, 1010 Wien

Buch­prä­sen­ta­ti­on und Dis­kus­sion mit

Pia Eber­hardt (Cor­po­ra­te Euro­pe Obser­va­to­ry, Brüs­sel): Lob­by­is­mus und euro­päi­sche Post­de­mo­kra­tie – Ein­bli­cke in den EU-Staats-Zivilgesellschaftskomplex
Lukas Obern­dor­fer (juri­di­kum und Asso­zia­ti­on für kri­ti­sche Gesell­schafts­for­schung): Hege­mo­nie­kri­se in Euro­pa: Eco­no­mic Gover­nan­ce und Fis­kal­pakt – Ele­men­te einer auto­ri­tä­ren Wende?
Mode­ra­ti­on und Ein­lei­tung: Oli­ver Praus­mül­ler (BEIGEWUM)

Der euro­päi­sche Inte­gra­ti­ons­pro­zess wird durch eine „Viel­fach­kri­se“ erschüt­tert: Euro-Kri­se, Staats­kri­sen, der Legi­ti­ma­ti­ons­ver­lust der EU sowie das Feh­len eines neu­en popu­lä­ren euro­päi­schen Pro­jek­tes. Die sozia­len Kämp­fe gegen eine Abwäl­zung der Kri­sen­fol­gen nach unten und für eine weit­ge­hen­de Demo­kra­ti­sie­rung der Gesell­schaft eska­lie­ren zuneh­mend. Der Bei­trag der sozi­al­wis­sen­schaft­li­chen ‚Euro­pa­for­schung‘ zum kri­ti­schen Ver­ständ­nis die­ser Ent­wick­lun­gen ist mar­gi­nal. Dazu will der vor­lie­gen­de Band der Asso­zia­ti­on für kri­ti­sche Gesell­schafts­for­schung (AkG) und der For­schungs­grup­pe Staats­pro­jekt Euro­pa  einen Kon­trast set­zen. Die Bei­trä­ge unter­su­chen aus unter­schied­li­chen Per­spek­ti­ven einer kri­ti­schen Inte­gra­ti­ons­for­schung Hin­ter­grün­de und Dyna­mik der Kri­se und dis­ku­tie­ren eman­zi­pa­to­ri­sche Stra­te­gien für ein ande­res Euro­pa. Anläss­lich der Buch­prä­sen­ta­ti­on stel­len Pia Eber­hardt und Lukas Obern­dor­fer ihre Bei­trä­ge zum jüngst erschie­nen Sam­mel­band der Asso­zia­ti­on für kri­ti­sche Gesell­schafts­for­schung vor und dis­ku­tie­ren die jüngs­ten Ent­wick­lun­gen der euro­päi­schen Krise.

Ver­an­stal­te­rIn­nen:
Asso­zia­ti­on für kri­ti­sche Gesell­schafts­for­schung, BEIGEWUM, Chick­Lit – femi­nis­ti­sche Buch­hand­lung, Insti­tut für Poli­tik­wis­sen­schaft an der Uni­ver­si­tät Wien und  juri­di­kum (zeit­schrift für kritik|recht|gesellschaft)

Wei­te­re Infos:
www.staatsprojekt-europa.eu
www.facebook.com/staatsprojekteuropa

Kommentieren » | blog, News & Termine

Retrospektive: Quo vadis, Ungarn? (18.03.)

April. 17th 2012 — 11:20

Am 18.03. fand im Repu­bli­ka­ni­schen Club die Podi­ums­dis­kus­si­ons-Ver­an­stal­tung „Quo vadis, Ungarn?“ statt. Bei der vom Bei­gewum, dem Ren­ner-Insti­tut und dem Repu­bli­ka­ni­schen Club gemein­sam orga­ni­sier­ten Ver­an­stal­tung dis­ku­tier­ten Ist­ván Gra­jcz­jar und Sus­an Zim­mer­mann mit Julia Hof­mann. Ist­ván Gra­jcz­jar kon­zen­trier­te sich in sei­nem Bei­trag auf die his­to­ri­sche Ent­wick­lung des Rechts­ex­tre­mis­mus in Ungarn und ver­such­te zu erklä­ren, war­um Orbán so viel Zuspra­che aus der Bevöl­ke­rung bekommt. Sus­an Zim­mer­mann the­ma­ti­sier­te die Pro­ble­me von EU-Inter­ven­tio­nen in Ungarn, da die­se zur Per­p­etu­ie­rung der Macht­ver­hält­nis­se zwi­schen Zen­tren und Peri­phe­rien füh­ren kön­nen. Durch die gro­ße Teil­nah­me an der Ver­an­stal­tung war auch die anschlie­ßen­de Publi­kums­dis­kus­si­on sehr leb­haft und spannend.

Kommentieren » | blog

Vermögensungleichheit USA 2007-2009

November. 21st 2011 — 16:57

Von der Fed wur­de eine außer­tour­li­che Erhe­bung zu pri­va­tem Ver­mö­gen in den USA in der Kri­se durch­ge­führt. Ziel­set­zung war es, fest­zu­stel­len, wie sich die Ver­mö­gens­po­si­tio­nen der pri­va­ten Haus­hal­te in den USA im Zuge der Finanz­kri­se ver­än­dert haben. Der Sur­vey of Con­su­mer Finan­ces (SCF) wird ansons­ten regel­mä­ßig alle drei Jah­re seit 1983 erho­ben. Die Fed ver­glich nun die Ver­mö­gens­si­tua­ti­on der US-Bevöl­ke­rung im Kri­sen­jahr 2009 mit jener im Vor­kri­sen­jahr 2007. Es wur­den die­sel­ben Haus­hal­te befragt (Panel­da­ten).


 Wich­ti­ge Ergebnisse 

 1.     Enor­me Sta­bi­li­tät in der Ver­mö­gensun­gleich­heit in den USA seit den 1980er Jah­ren. Der Anteil des obers­ten 1 % bleibt bei einem Drit­tel des gesam­ten Ver­mö­gens aller Haus­hal­te (33,3%). Und dies obwohl die Ver­mö­gens­ver­lus­te durch die Kri­se auf die Reichs­ten kon­zen­triert waren; d.h. abso­lut ver­lo­ren die Rei­chen zwar beträcht­lich (99. Per­zen­til­wert: 9 Mio. USD 2007 Rück­gang auf 7 Mio. USD 2009); rela­tiv betrach­tet ver­än­dert sich in der Kri­se für die Rei­chen nichts (2007: 33,3%).

 

2.     Fast die gesam­ten Anlei­hen wer­den von den reichs­ten 10% in den USA gehal­ten; und fast 2/​3 hat das reichs­te 1 %. Auch Unter­neh­mens­ver­mö­gen ist enorm kon­zen­triert: über die Hälf­te wird vom obers­ten 1% gehalten.

 

3.     Der Anteil der unte­ren Hälf­te der pri­va­ten Haus­hal­te (0–50%) am gesam­ten Ver­mö­gen aller Haus­hal­te sank von 2,5% auf 1,5%. Hat­ten die unte­ren 50% schon vor der Kri­se – rela­tiv gese­hen – fast nichts an Ver­mö­gens­wer­ten, so sank die­ser Wert in der Kri­se signifikant.





Kommentieren » | blog

ÖkonomInnen-Appell gegen Schuldenbremse

November. 17th 2011 — 13:54

Die öster­rei­chi­sche Regie­rung nimmt sich das deut­sche Modell einer „Schul­den­brem­se“ als Vor­bild. Als die Schul­den­brem­se in Deutsch­land ein­ge­führt wur­de, reagier­ten 64 Öko­nom­In­nen mit dem Appell „Die Schul­den­brem­se gefähr­det die gesamt­wirt­schaft­li­che Sta­bi­li­tät und die Zukunft unse­rer Kin­der“. Aus aktu­el­lem Anlass hier zur Wie­der-Lek­tü­re.

Kommentieren » | blog

Die Schuldenbremse als Farce

November. 15th 2011 — 11:51

Nun befin­det sich die Bun­des­re­gie­rung also auf direk­tem Weg eine soge­nann­te Schul­den­brem­se in Ver­fas­sungs­rang zu heben. Die wesent­li­che Fra­ge, was das nun genau bedeu­tet, dürf­te zwar noch offen sein, doch fest steht, dass damit pünkt­lich zum Wirt­schafts­ab­schwung ein neu­er­li­ches Spar­pa­ket ver­han­delt wer­den wird. Die­se Unbe­stimmt­heit liegt auch dar­an, dass es meh­re­re For­men von Fis­kal­re­geln gibt, die in der Debat­te alle als Schul­den­brem­se bezeich­net werden.

Wahr­schein­lich ist, dass die deut­sche Rege­lung über­nom­men wird, die weit­ge­hend mit den soeben erst ver­schärf­ten euro­päi­schen Bud­get­vor­ga­ben über­ein­stimmt. Bei­de ent­hal­ten im Kern die Umset­zung der äußert rigi­den soge­nann­ten Medi­um Term Objec­ti­ves (mit­tel­fris­ti­ge Haus­halts­zie­le). Im Fal­le Öster­reichs und Deutsch­lands ist das (fast) ein struk­tu­rel­les Null­de­fi­zit. Aus­ge­hend von der soeben ver­öf­fent­lich­ten Herbst­pro­gno­se der EU-Kom­mis­si­on, die das struk­tu­rel­le Defi­zit für Öster­reich mit 2,8 % des BIP (2013) pro­gnos­ti­ziert, müss­te die Kon­so­li­die­rung folg­lich über 8 Mrd. Euro betra­gen – ein Viel­fa­ches des Spar- und Steu­er­pa­kets aus dem Vor­jahr. Das wür­de pro Per­son zu einer durch­schnitt­li­chen Zusatz­be­las­tung von 1.000 Euro pro Jahr füh­ren, was ange­sichts die­ses Volu­mens – selbst bei einer schwer­punkt­mä­ßi­gen Belas­tung der reichs­ten Haus­hal­te – auch die Mit­tel­schicht emp­find­lich tref­fen würde.

Neben einer Kopie der deut­schen Schul­den­brem­se wur­den als Alter­na­ti­ve anschei­nend zwei wei­te­re Fis­kal­re­geln dis­ku­tiert. Die mode­ra­tes­te Ver­si­on wäre eine Erwei­te­rung der bis­he­ri­gen Pra­xis der Aus­ga­ben­ober­gren­zen auf alle Gebiets­kör­per­schaf­ten plus Beschrän­kung ihrer Zuwäch­se mit der mit­tel­fris­ti­gen Wachs­tums­ra­te. Aus­ga­ben­ober­gren­zen könn­ten zwar prin­zi­pi­ell wirt­schafts­po­li­tisch ver­kraft­bar aus­ge­stal­tet wer­den, hät­ten aber bereits eine lang­fris­ti­ge Kür­zung des Staats­haus­halts und somit eine Behin­de­rung des sozia­len Fort­schritts zur Fol­ge. Völ­lig jen­sei­tig wäre hin­ge­gen eine wei­te­re Fis­kal­re­gel, näm­lich die von der ÖVP ver­lang­te Fest­schrei­bung einer Staats­schul­den­quo­te von 60 % des BIP bis 2020. Hier­für wären etwa 40 Mrd Euro – das ent­spricht mehr als der Hälf­te des Bun­des­bud­gets – not­wen­dig. Wür­den zwi­schen­zeit­lich z.B. wei­te­re Ban­ken­hil­fen gewährt, kämen sogar noch wei­te­re Mil­li­ar­den hinzu.

Denn sie wissen, was sie tun?

Wäre die Sache wirt­schafts­po­li­tisch nicht so ernst, wäre die­se gro­be Fest­le­gung kaba­rett­reif: Jene Regie­rung, die noch im Vor­jahr mit der ver­spä­te­ten Bud­get­vor­la­ge die Ver­fas­sung gebro­chen hat, ver­pflich­tet sich und zukünf­ti­ge Regie­rung mit­tels Ver­fas­sungs­än­de­rung zu wei­te­ren dra­ko­ni­schen Kon­so­li­die­rungs­maß­nah­men – die sie bis­her zu Recht mit dem Hin­weis auf die rela­ti­ve Sta­bi­li­tät und die schwa­chen Wirt­schafts­pro­gno­sen aus­ge­schlos­sen hat­te. Völ­lig unklar ist zudem, wes­halb es die­se ver­fas­sungs­mä­ßi­ge poli­ti­sche Selbstent­mün­di­gung braucht, denn nichts – abge­se­hen von wirt­schafts­po­li­ti­schem Sach­ver­stand – hin­dert die Regie­rung jed­we­de Regel zu befol­gen, die sie poli­tisch auch tat­säch­lich befol­gen will.

Trotz­dem ist die­se Inkon­se­quenz in gewis­sem Sin­ne auch wie­der kon­se­quent: Im Novem­ber des Vor­jah­res schloss der Bun­des­kanz­ler wei­te­re Kon­so­li­die­rungs­maß­nah­men in die­ser Legis­la­tur­pe­ri­ode aus, ehe er dann im März in Brüs­sel recht­li­che Ände­run­gen abseg­ne­te, die wei­te­re Spar­pa­ke­te erfor­der­lich mach­ten. Und nun im Okto­ber bil­lig­te er das Regie­rungs­ziel eines maxi­ma­len Defi­zits von 3,2 % des BIP 2012, nur um dann kurz dar­auf gemein­sam mit sei­nen euro­päi­schen Amts­kol­le­gIn­nen aus­ge­gli­che­ne Haus­hal­te in allen euro­päi­schen Staa­ten zu for­dern. Über­trof­fen wird er nur von sei­ner Finanz­mi­nis­te­rin, die zeit­gleich die Steu­er­be­las­tung redu­zie­ren, den Bud­get­pfad fort­füh­ren und die Staats­ver­schul­dung auf 60 % sen­ken will. Alles klar?

Das Argu­ment für die­se poli­ti­sche Far­ce: Es brau­che ein glaub­haf­tes Signal an die Finanz­märk­te, um die Zins­kos­ten rela­tiv nied­rig zu hal­ten. Die Poin­te: In Spa­ni­en, wo eben erst eine Schul­den­brem­se beschlos­sen wur­de, hat man bewie­sen, dass ein aus­ge­gli­che­ner Haus­halt in der Ver­fas­sung das eben nicht leis­ten kann. Die Sekun­där­markt­zins­sät­ze spa­ni­scher Staats­an­lei­hen stie­gen in den Tagen rund um den Beschluss wei­ter an und wur­den erst durch die EZB-Inter­ven­ti­on kurz­fris­tig sta­bi­li­siert – mitt­ler­wei­le haben sie sogar ein neu­es, untrag­ba­res Rekord­ni­veau erreicht.

Im Gegen­satz zu vie­len Poli­ti­ke­rIn­nen dürf­te den meis­ten Finanz­markt­ak­teu­ren klar sein, dass rei­ne Spar­po­li­tik ohne Rück­sicht auf Ver­lus­te nicht die lang­fris­ti­gen Ein­nah­men sichern kann, die es zur Bedie­nung der Staats­schul­den bei gleich­zei­ti­ger Auf­recht­erhal­tung selbst rudi­men­tä­rer Staats­auf­ga­ben braucht. Ins­be­son­de­re weil die grund­le­gen­den öko­no­mi­schen Pro­ble­me (Spa­ni­en: geplatz­te Immo­bi­li­en­bla­se, Rekord­ar­beits­lo­sig­keit, pri­va­te Ver­schul­dung; Öster­reich: Ban­ken­sek­tor bzw. des­sen Ost-Abhän­gig­keit, Ita­li­en-Ver­flech­tung) unge­löst blei­ben, ist eine Schul­den­brem­se in der Ver­fas­sung etwa so wirk­sam bzw. glaub­wür­dig wie ein Gesetz gegen schlech­tes Wetter.

Schuldenbremse = Wohlstandsbremse = Ablenkungsmanöver

Und das führt zum erns­ten Teil die­ser Far­ce. Was eine Schul­den­brem­se brin­gen wird, ist also weni­ger eine Redu­zie­rung der Zins­kos­ten oder sta­bi­le Staats­haus­hal­te, son­dern im Gegen­teil eine ten­den­zi­el­le Desta­bi­li­sie­rung von Wirt­schaft und Gesell­schaft durch die Ein­schrän­kung zukünf­ti­gen Wohl­stan­des. Für die­sen braucht es näm­lich Inves­ti­tio­nen, die sinn­vol­ler Wei­se von jenen bezahlt wer­den, die den größ­ten Nut­zen dar­aus zie­hen, näm­lich die zukünf­ti­gen Begüns­tig­ten über höhe­re zukünf­ti­ge Ein­kom­men. Zudem braucht es die Mög­lich­keit, kon­junk­tu­rel­le Schwan­kun­gen aus­zu­glei­chen, um die kurz- wie lang­fris­ti­gen, indi­vi­du­el­len wie gesell­schaft­li­chen Fol­gen von Arbeits­lo­sig­keit abzu­mil­dern. Schul­den­brem­sen gefähr­den bei­des und kön­nen somit rasch zu Wohlstands‑, Investitions‑, Beschäftigungs‑, Sozi­al- und Zukunfts­brem­sen mutieren.

Ein wei­te­res Pro­blem ist, dass mit der Schul­den­brem­se indi­rekt sug­ge­riert wird, die Staats­ver­schul­dung wäre auf unver­ant­wort­li­che Bud­get­po­li­tik zurück­zu­füh­ren. Damit wird davon abge­lenkt, dass erst mit der Kri­se 2008 die Staats­ver­schul­dung wie­der gestie­gen, zuvor aller­dings in der Euro­zo­ne kon­ti­nu­ier­lich gesun­ken ist (von 72,8 % vor ihrer Grün­dung auf 66,1 % des BIP 2007, ähn­lich auch in Öster­reich). Wür­de man die­sen Zusam­men­hang stär­ker berück­sich­ti­gen, wäre zu erken­nen, dass es zur mit­tel­fris­ti­gen Redu­zie­rung der Staats­ver­schul­dung kei­ne wirt­schafts­po­li­ti­sche Zwangs­ja­cke, son­dern Maß­nah­men gegen die haupt­säch­li­chen schul­den­trei­ben­den Fak­to­ren braucht: Ein kri­sen­an­fäl­li­ges Finanz­sys­tem, das Ban­ken­ret­tun­gen not­wen­dig macht; Kon­junk­tur­schwä­che und stei­gen­de Arbeits­lo­sig­keit, die die Steu­er­ein­nah­men sen­ken und zu höhe­ren Aus­ga­ben füh­ren (ins­be­son­de­re für Arbeits­markt­po­li­tik); und letzt­lich unzu­rei­chen­de Bei­trä­ge von Rei­chen und Unter­neh­men, die von der wirt­schaft­li­chen und steu­er­po­li­ti­schen Ent­wick­lung vor der Kri­se beson­ders profitierten.

Kommentieren » | blog

Staatsbankrott – Alternative zu Austeritätspolitik und Weg aus der Euro-Krise ?

Oktober. 18th 2011 — 9:50

Über die Sinn­haf­tig­keit und die Fol­gen einer Staats­in­sol­venz im Euro­raum gibt es geteil­te Mei­nun­gen. Inwie­weit ist eine geord­ne­te Staats­in­sol­venz sinn­voll und wür­de die öko­no­mi­schen und sozia­len Kos­ten der Kri­se in den betrof­fe­nen Län­dern und im Euro­raum redu­zie­ren? Wel­che Erfah­run­gen gibt es mit dem Instru­ment des Staat­bank­rotts beson­ders in Län­dern des Südens, wo die­ses Instru­ment seit lan­gem gefor­dert wird ? Wie kann eine gere­gel­te Staats­in­sol­venz im Euro­raum gestal­tet wer­den ? Inwie­weit wür­de eine gere­gel­te Staats­in­sol­venz zu Anste­ckungs­ef­fek­ten füh­ren und dadurch die Kri­se ver­schär­fen? Wel­che alter­na­ti­ven Poli­ti­ken gibt es zum Staats­bank­rott, um die Kri­se zu ent­schär­fen und die öko­no­mi­schen und sozia­len Kos­ten der Kri­se reduzieren?


Im aktu­el­len Kurs­wech­sel  (Haupt­the­ma: „Roh­stof­fe“) kom­men dazu zwei unter­schied­li­che Posi­tio­nen zu Wort: Kuni­bert Raf­fer (Uni Wien) for­dert schon seit Jahr­zehn­ten eine Staats­in­sol­venz­pro­ze­dur vor allem für Län­der des Südens. Tors­ten Niechoj (IMK) betont hin­ge­gen die Gefah­ren einer Staats­in­sol­venz im Euro­raum und argu­men­tiert für alter­na­ti­ve Lösungen.


Das Heft erscheint Mit­te Novem­ber, die Debat­ten­bei­trä­ge sind vor­ab online.

Am 10.November 2011 um 19h in C3 (Sen­sen­gas­se 3, 1090 Wien) gibt es eine BEIGEWUM/ÖFSE-Dis­kus­si­ons­ver­an­stal­tung zum The­ma mit Hele­ne Schu­berth und Kuni­bert Raf­fer.

Kommentieren » | blog

Imagewandel für Grasser

August. 20th 2011 — 7:55

Ex-Finanz­mi­nis­ter Gras­sers Lebens­freu­de ist seit gerau­mer Zeit beein­träch­tigt: Sei­ne Tele­fonsamm­lung wird abge­hört, sei­ne hilf­rei­che Kof­fer­trä­ge­rei öffent­lich ver­un­glimpft, und sei­ne Bade­fo­tos müs­sen auf den Titel­blät­tern mit Nega­tiv­schlag­zei­len kon­kur­rie­ren. Gibt es denn gar kein Ent­kom­men aus dem Tief?


Viel­leicht doch – Vor­bil­der jen­seits der Gren­ze zei­gen vor, wie es gehen könn­te: In den USA hat Mil­li­ar­där War­ren Buf­fet in einem offe­nen Brief die Regie­rung auf­ge­for­dert, ihn und sei­nes­glei­chen höher zu besteu­ern. Kurz dar­auf folg­ten die fran­zö­si­schen Mil­lio­nä­re Pierre Ber­ge und Mau­rice Levy in der glei­chen Stoß­rich­tung für Frank­reich. Rei­che, die eine höhe­re Besteue­rung for­dern – so etwas gab es in Öster­reich  – von einer weit­ge­hend erfolg­lo­sen klei­nen Initia­ti­ve der Grü­nen abge­se­hen – bis­lang nicht.


Welch eine idea­le Vor­la­ge für den Selbst­mar­ke­ting-ver­sier­ten Gras­ser: Eine Insze­nie­rung als reui­ger Sün­der, inklu­si­ve Sei­ten­bli­cke-beglei­te­ter kol­lek­ti­ver Pil­ger­fahrt mit all sei­nen Bekann­ten nach Liech­ten­stein, Rück­kehr bar­fuß über die Gren­ze, in jeder Hand einen dicken Geld­kof­fer, dann per Bahn nach Wien und das glei­che noch mal von den hie­si­gen Ban­ken in Rich­tung Finanz­amt. Dort dann eine Rede, die die Nati­on und vor allem die Socie­ty-Sze­ne bewegt. „Ich bereue, wider­ru­fe und for­de­re: Über­fluss besteu­ern!“ Ein kirch­li­cher Wür­den­trä­ger erteilt die Abso­lu­ti­on, Trä­nen flie­ßen. Vor­hang. Der Coup sei­nes Lebens! Das wär doch was!

Kommentieren » | blog

Argumente in der (Staatsschulden-)Krise

Juni. 20th 2011 — 16:47

Der „Ret­tungs­schirm“ für Grie­chen­land und ande­re Euro­län­der mit Refi­nan­zie­rungs­pro­ble­men erhitzt sozi­al­dar­wi­nis­ti­sche Gemü­ter. Im Grun­de wer­den mit dem Geld Export­märk­te und Schuld­ner der Ban­ken im Kern Euro­pas sta­bi­li­siert. Die Spar­auf­la­gen, mit denen die Über­brü­ckungs­kre­di­te ver­se­hen wur­den, sind makro­öko­no­misch und sozi­al desas­trös. Durch die popu­lis­ti­sche Wel­le, die selbst die­sen eigen­in­ter­es­sier­ten Sta­bi­li­sie­rungs­ver­su­chen ent­ge­gen­schwappt, wer­den sol­che Fra­gen jedoch über­schwemmt, und eine Dis­kus­si­on um Alter­na­ti­ven (Mar­shall Plan für Grie­chen­land, Euro­bonds, inter­na­tio­na­le Rege­lung für geord­ne­te Staa­ten­in­sol­venz, Regu­lie­rung der Finanz­märk­te etc.) erstickt.
Nach jahr­zehn­te­lan­ger sozi­al­dar­wi­nis­ti­scher Rhe­to­rik neo­li­be­ra­ler Eli­ten wird die Gel­tung die­ser Prin­zi­pi­en jetzt von Rechts­ex­tre­men empört ein­ge­for­dert – in einem Moment, wo die wirt­schafts­po­li­ti­schen Eli­ten die Gren­zen der Leis­tungs­fä­hig­keit die­ser Dis­kur­se und der damit ver­bun­de­nen wirt­schafts­po­li­ti­schen Para­dig­men erken­nen müs­sen. Die neo­li­be­ra­le Moral fliegt den Prot­ago­nis­tIn­nen jetzt um die Ohren.
Dem Mus­ter der BEI­GEWUM-Mythen-Rei­he ver­wandt hat die deut­sche Luxem­burg-Stif­tung jetzt ein sehr gutes Argu­men­ta­ri­um her­aus­ge­ge­ben, das „20 belieb­te Irr­tü­mer in der Schul­den­kri­se“ auf­greift und Gegen­ar­gu­men­te präsentiert. 

Hier öster­rei­chi­sche Zah­len zur Ergänzung:

3) „Faul­heit“? In Öster­reich beträgt die durch­schnitt­li­che Jah­res­ar­beits­zeit 1.621 Stun­den pro Beschäf­tig­teR (Grie­chen­land: 2.119 Stunden) 

5) Luxus­ren­ten? Das durch­schnitt­li­che Pen­si­ons­an­tritts­al­ter beträgt 58,9 Jah­re in Öster­reich (Grie­chen­land: über 61,9 Jahre)

9) Man­geln­de Wett­be­werbs­fä­hig­keit? Spie­gel­bild öster­rei­chi­sche Expor­te: Der Außen­han­dels­über­schuss gegen­über Grie­chen­land betrug in den letz­ten Jah­ren rund eine hal­be Mrd. Euro pro Jahr

10) Kor­rup­ti­on: Die Schat­ten­wirt­schaft wird in Öster­reich auf 8% des BIP geschätzt. Grund­sätz­lich sind sol­che Schät­zun­gen sehr umstritten.

13) Gläu­bi­ger­be­tei­li­gung? Öster­rei­chi­sche Ban­ken hal­ten grie­chi­sche Staats­pa­pie­re im Wert rund 3–4 Mrd. Euro.

17) Für Freun­de nicht bür­gen? Der öster­rei­chi­sche Anteil am Ret­tungs­schirm für Grie­chen­land liegt bis­lang bei rund 2,3 Mrd. Euro.
Von den Aus­ga­ben für die Ban­ken­rett­tung in Öster­reich sind bis­lang 1,4 Mrd. uneinbringlich.

1 Kommentar » | blog

Europäische Wirtschaftsregierung – eine stille neoliberale Revolution?

März. 16th 2011 — 11:27

Wäh­rend die Finanz- und Wirt­schafts­kri­se deut­lich zuta­ge brach­te, dass nicht nur die Dere­gu­lie­rung der Finanz­märk­te, son­dern auch die Wirt­schafts­po­li­tik der letz­ten Jahr­zehn­te mit wach­sen­den Leis­tungs­bi­lanz­un­gleich­ge­wich­ten, rapi­de zuneh­men­den Ungleich­hei­ten in der Ver­tei­lung von Ein­kom­men und Ver­mö­gen, anhal­ten­der Wachs­tums­schwä­che durch eine im Rah­men des Sta­bi­li­täts- und Wachs­tums­pak­tes (SWP) kon­zer­tier­te öffent­li­che Kon­so­li­die­rungs­po­li­tik und schäd­li­chem Steu­er­wett­be­werb, beglei­tet von Dere­gu­lie­rung und Pri­va­ti­sie­rung, wirt­schafts­po­li­tisch der fal­sche Weg und kon­tra­pro­duk­tiv ist, zeigt sich gegen­wär­tig eine erstaun­li­che Dyna­mik : Die öffent­li­che Debat­te ist domi­niert von Geschich­ten über Staa­ten die – vor­nehm­lich selbst­ver­schul­det – nahe am Staats­bank­rott sind, dra­ma­ti­schen Ret­tungs­ak­tio­nen, Refi­nan­zie­rungs­schwie­rig­kei­ten, Gefah­ren des Aus­ein­an­der­bre­chens des Euros und Dis­zi­pli­nie­rung durch Finanz­märk­te (Zins­druck). In einer der­art dra­ma­ti­schen Situa­ti­on müs­sen die »unver­ant­wort­li­chen EU-Mit­glieds­staa­ten« hart her­ge­nom­men wer­den : »Die EU schlägt zurück« und »the EU gets tough«, so die Pres­se­ver­laut­ba­run­gen der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on. Und : wer erlaubt sich ange­sichts einer der­ar­ti­gen Dra­ma­tik über­haupt den Luxus, Kri­tik zu üben ?

Wäh­rend die Not­wen­dig­keit bes­se­rer und ver­stärk­ter wirt­schafts­po­li­ti­scher Koor­di­nie­rung und Steue­rung inner­halb der EU weit­ge­hend unbe­strit­ten ist, sind sowohl hin­sicht­lich der Aus­ge­stal­tung der vor­ge­schla­ge­nen Instru­men­te und Pro­zes­se als auch hin­sicht­lich des Zustan­de­kom­mens der neu­en Rege­lun­gen aus wirt­schafts- und demo­kra­tie­po­li­ti­scher Per­spek­ti­ve grund­le­gen­de Ein­wän­de anzu­mel­den. Die­se Maß­nah­men haben gra­vie­ren­de Aus­wir­kun­gen auf die wirt­schafts­po­li­ti­schen Spiel­räu­me der Mit­glied­staa­ten, sie stel­len de fac­to Ein­grif­fe in die Bud­get­ho­heit und eine Umge­hung von demo­kra­ti­schen Mecha­nis­men in Mit­glied­staa­ten und auf EU Ebe­ne dar.

In einer online Vor­ab-Ver­si­on ihres Bei­trags für Kurs­wech­sel 1/​2011 („Zukunfts­aus­sich­ten“) ana­ly­sie­ren Eli­sa­beth Klat­zer und Chris­ta Schla­ger die geplan­ten EU-Reformen.

Am 31.3.2011 laden wir zu einer Dis­kus­si­on zum The­ma mit der Bei­trags­au­torin Eli­sa­beth Klat­zer und dem deut­schen Gewerk­schafts­öko­no­men Dierk Hirschel.

Kommentieren » | blog

25 Jahre BEIGEWUM

November. 29th 2010 — 19:20

In den ver­gan­ge­nen 25 Jah­ren haben sich die öko­no­mi­schen, gesell­schaft­li­chen und poli­ti­schen Zustän­de gra­vie­rend ver­än­dert – und mit ihnen auch das Selbst­ver­ständ­nis und die Auf­ga­ben des BEIGEWUM. Anläss­lich sei­nes 25-jäh­ri­gen Geburts­ta­ges dis­ku­tier­ten Bri­git­te Unger (Depart­ment of Public Sec­tor Eco­no­mics, Utrecht Uni­ver­si­ty School of Eco­no­mics), Karin Fischer (Abtei­lung für Poli­tik- und Ent­wick­lungs­for­schung am Insti­tut für Sozio­lo­gie, Uni­ver­si­tät Linz), Jörg Fle­cker (FORBA – For­schungs- und Bera­tungs­stel­le Arbeits­welt), Gun­du­la Lud­wig (Zen­trum für Gen­der Stu­dies und femi­nis­ti­sche Zukunfts­for­schung der Uni­ver­si­tät Mar­burg) und Heinz Stei­nert (em. Insti­tut für Gesell­schafts- und Poli­tik­ana­ly­se, Uni­ver­si­tät Frank­furt) gemein­sam mit Beat Weber (BEIGEWUM) die­se Ver­än­de­run­gen unter der Fra­ge: „Wel­ches Wis­sen gegen die Krise?“.

„Nie war der Krieg zwi­schen Main­stream-Öko­nom­In­nen und Kri­ti­schen Öko­nom­In­nen grö­ßer als jetzt“

In der Key Note Speak stell­te Bri­git­te Unger über­blicks­ar­tig die Ände­run­gen seit den 1980er Jah­ren dar: vom stär­ker wer­den­den Neo­li­be­ra­lis­mus und dem „abhe­ben“ der Finanz­märk­te bis zur heu­ti­gen Situa­ti­on, in der die öko­no­mi­schen Varia­blen (wie Ein­kom­mens­ver­tei­lung, Arbeits­lo­sig­keit und Leis­tungs­bi­lan­zen) soweit aus­ein­an­der­klaf­fen wie nie zuvor. Im Bereich der Wis­sen­schaf­ten wei­sen zwar auch füh­ren­de Öko­no­men, wie Krug­man oder Stiglitz, auf die star­ken Ungleich­hei­ten hin, den­noch ist der Kampf zwi­schen Main­stream-Öko­nom­In­nen und Kri­ti­schen Öko­nom­In­nen noch stär­ker als vor der Kri­se. Auf­ga­be des BEIGEWUM muss es sein Fach­in­for­ma­tio­nen für die Öffent­lich­keit zu „über­set­zen“. Heu­te gilt es ins­be­son­de­re finanz­tech­ni­sche Fra­gen zu „ent­zau­bern“ und in poli­ti­sche Fra­gen zu „über­set­zen“.

Die Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten des Kapi­ta­lis­mus relativieren“
Heinz Stei­nert mach­te deut­lich, dass es unse­re Auf­ga­be ist und bleibt zu zei­gen, dass man „die Din­ge“ auch ganz anders den­ken kann und dass es ein „ande­res Wis­sen“ als die Main­stream-Öko­no­mie gibt. Wäh­rend der Kri­se gab es eine kur­ze Zeit, in der sich Neo­li­be­ra­le – auch in der Öffent­lich­keit – bla­miert haben – in die­se Lücken gilt es hin­ein­zu­sto­ßen. Aller­dings mach­te Stei­nert auch die zen­tra­le Bedeu­tung der Medi­en bei der schnel­len Wie­der­her­stel­lung der neo­li­be­ra­len Hege­mo­nie deut­lich. Kri­sen­zei­ten bie­ten meist kei­ne Chan­cen, radi­ka­le For­de­run­gen umzu­set­zen, die Men­schen und Öffent­lich­keit wer­den eher kon­ser­va­tiv und wün­schen sich die Zustän­de aus Vor­kri­sen­zei­ten zurück. Auf­ga­be des BEIGEWUM muss es sein, die Pro­ble­me des Kapi­ta­lis­mus auf­zu­zei­gen und dabei alle mög­li­chen Mit­tel und For­men zu nut­zen. Ein wich­ti­ger Ansatz­punkt sind die Lebens­ver­hält­nis­se der Men­schen, denn Gesell­schaft ändert sich, wenn die Leu­te anders leben. 

„Auf die Uni­ver­si­tä­ten kann als Ort Kri­ti­scher Wis­sen­schaf­ten nicht ver­zich­tet werden“ 

Auch wenn Gun­du­la Lud­wig dar­auf hin­wies, dass die Uni­ver­si­tä­ten nie „der“ lin­ke Ort waren, hat sich ihre Situa­ti­on seit Mit­te der 1990er Jah­re deut­lich ver­schärft. Dies lässt sich in ver­schie­de­nen Dimen­sio­nen fest­stel­len: der Öko­no­mi­sie­rung des Sozia­len (ver­stärk­te Effi­zi­enz­ge­dan­ken, mehr For­schung statt Leh­re), den Bedin­gun­gen des Arbei­tens (hoher Druck für alle Hoch­schul­mit­glie­der, nicht nur die Hoch­schu­len, auch die Sub­jek­te soll­ten zum „Unter­neh­mer ihrer selbst“ wer­den), par­al­lel zur Öko­no­mi­sie­rung der Uni­ver­si­tä­ten fin­det eine Ent­de­mo­kra­ti­sie­rung statt. Dar­aus abge­lei­tet muss die Kri­tik zen­tral an der Ent­de­mo­kra­ti­sie­rung und den Arbeits­ver­hält­nis­sen in Zusam­men­hang mit den Lebens­wei­sen anset­zen. Es soll­te über Pra­xen der Ver­wei­ge­rung nach­ge­dacht wer­den und zudem eine kri­ti­sche Selbst­re­fle­xi­on statt­fin­den, denn auch für vie­le Wis­sen­schaft­le­rIn­nen ist das Kon­zept des/​der „Unter­neh­me­rIn seiner/​ihrer selbst“ ver­füh­re­risch. Wich­tig bleibt es, die ver­meint­li­chen Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten auf­zu­bre­chen und immer wie­der auch „außer­halb des Kapi­ta­lis­mus“ zu den­ken. Der Ansatz, Infor­ma­tio­nen zu „über­set­zen“, ist zwar rich­tig, aber es braucht auch noch mehr „ande­res“ Wissen.

Es ist eine Illu­si­on zu glau­ben, dass die Spar­pa­ke­te so von der Gesell­schaft hin­ge­nom­men werden“
Jörg Fle­cker berich­te­te über den Wan­del der Zie­le der (außer­uni­ver­si­tä­ren) For­schung. So sind heu­te viel weni­ger Regie­run­gen oder die EU-Kom­mis­si­on direk­te Adres­sa­ten von For­schungs­er­geb­nis­sen. Viel­mehr wird zu span­nen­den Fra­ge­stel­lun­gen gear­bei­tet und gehofft, dass unbe­kann­te Nut­ze­rIn­nen die Ergeb­nis­se auf­grei­fen und ver­wen­den kön­nen. Jedoch ermög­li­chen För­de­run­gen insb. im Bereich der EU immer wie­der die Schaf­fung von Frei­räu­men, in denen Wis­sen gegen den Main­stream gene­riert wer­den kann. Die aktu­ell geplan­te Strei­chung der Basis­för­de­rung für unab­hän­gi­ge Insti­tu­te wird es aller­dings sehr schwer machen, nach­hal­tig kri­ti­sche Wis­sen­schaft zu betrei­ben. Die gegen­wär­ti­ge Situa­ti­on hält Jörg Fle­cker für sehr irri­tie­rend: sah es anfangs kurz so aus, als sei­en die Markt­ra­di­ka­len schwer von der Kri­se getrof­fen wor­den, war bald klar, dass dras­ti­sche Spar­pa­ke­te kom­men wer­den. Dies trifft nun ein und einer­seits ent­steht das Gefühl, die­sen voll­kom­men macht­los gegen­über zu ste­hen, ander­seits glaubt Fle­cker nicht, dass die Gesell­schaft die­se Ein­schnit­te ohne wei­te­res hin­neh­men wird. 

„Wir soll­ten uns nicht die klei­nen Schrit­te auf­zwin­gen lassen“

Für einen glo­bal­his­to­risch erwei­ter­ten Blick auf die Kri­se plä­dier­te Karin Fischer. Es ist not­wen­dig, in die Kri­sen­ana­ly­sen grö­ße­re Zeit­räu­me als auch die Süd­per­spek­ti­ve ein­zu­be­zie­hen. Auch in den Süd­län­dern ist die enor­me Kri­sen­haf­tig­keit des Kapi­ta­lis­mus schon  seit den 80er Jah­ren zu spü­ren. Aller­dings gibt es auch Län­der, deren Öko­no­mien gera­de wach­sen kön­nen und sol­che, die mit anti­zy­kli­scher Poli­tik und Ban­ken­re­gu­lie­rung posi­ti­ve Bei­spie­le set­zen kön­nen. Jedoch müs­sen die Hoff­nung auf Latein­ame­ri­ka und die der­zei­ti­gen Ver­schie­bun­gen von Zen­trum- Peri­phe­rie­gren­zen, durch die Regio­nal­mäch­te auf­ge­wer­tet wer­den, auch immer kri­tisch reflek­tiert wer­den, da noch nicht klar ist, wie eman­zi­pa­to­risch die­se Ver­än­de­run­gen sind. Von ent­schei­den­der Bedeu­tung wird es sein, wie wich­tig demo­kra­ti­sche Fra­gen in die­ser Ent­wick­lung sind. 
Die Rück­erobe­rung der Demo­kra­tie ist aber auch ein zen­tra­ler Ansatz­punkt für kri­ti­sche Men­schen in Euro­pa. Gegen den bewuss­ten Aus­schluss von Ent­schei­dun­gen hel­fen Denk­kol­lek­ti­ve, gegen­sei­ti­ger Aus­tausch über Publi­ka­ti­ons­or­ga­ne und das gemein­sa­me Arbei­ten an poli­ti­schen Perspektiven.

Der Abend ende­te mit Dank und Glück­wün­schen für 25 Jah­re BEI­GEWUM-Arbeit und der Ermun­te­rung, die kri­ti­sche Arbeit fortzusetzen.

Kommentieren » | blog

Zurück zum Anfang