2012 November – BEIGEWUM

Archiv für November 2012


Feindbild FMA?

20. November 2012 – 19:22 Uhr

Wenn Hei­ni Stau­din­ger die­ser Tage behaup­tet, er sei Schus­ter und möch­te ein­fach nur in Ruhe sein Unter­neh­men füh­ren, ist das ange­sichts der Anzei­gen im Fal­ter zumin­dest kokett. Es gibt in Öster­reich eine ziem­li­che Wut auf die Ban­ken und das Poli­tik­ver­sa­gen ihnen gegen­über. Bei­des ist berech­tigt. Ärger­lich am „Fall GEA“ ist aber, dass die poli­ti­sche Kri­tik an den Ban­ken ver­mischt wird mit per­sön­li­chen Fragen.

Da steht der gute Unter­neh­mer – vul­go Real­wirt­schaft – der bösen Finanz­markt­auf­sicht (FMA) – vul­go „Ban­ken­schutz­zen­tra­le“ – gegen­über. Dass auf­merk­sa­me poli­ti­sche Beob­ach­te­rIn­nen die FMA genau umge­kehrt wahr­neh­men – Stich­wort „Ban­ken­in­sol­venz­recht“, für das sich die FMA gegen den Wil­len des Finanz­mi­nis­te­ri­ums stark macht –, geht im Tru­bel der Befind­lich­keits­dis­kus­si­on unter. Soll­ten sich die Beam­ten tat­säch­lich arro­gant ver­hal­ten, wie von GEA behaup­tet wird, ist das mensch­lich natür­lich dane­ben. Aber nun zum Inhalt­li­chen: Die FMA ver­bie­tet GEA den Spar­ver­ein. Nun, das ist gut so. Ein Spar­ver­ein ist ein Vehi­kel, das zu Recht unter das Bank­we­sen­ge­setz fällt und zwar gera­de auch zum Schutz der Spare­rIn­nen. Nur weil sich die Beam­tIn­nen angeb­lich dane­ben beneh­men, ist der Anle­ger­schutz noch nicht obso­let. So weit, so ober­fläch­lich in der bis­he­ri­gen Diskussion.

Wenn sich dann aber plötz­lich ATTAC auch gegen die FMA stellt und ihnen die Fra­ge stellt, ob sie das Bank­ge­schäft für die Ban­ken ret­ten wol­len, dann wird es lang­sam pro­ble­ma­tisch. Seit der Plei­te von Leh­man haben sich kri­ti­sche lin­ke Kräf­te mas­siv für mehr Regu­lie­rung von Finanz­plät­zen und wohl gemerkt auch Finanz­in­stru­men­ten ein­ge­setzt. Das waren immer uni­ver­sel­le poli­ti­sche For­de­run­gen, kei­ne der per­sön­li­chen Sym­pa­thie. Die Ein­zi­gen, die sich der­zeit über die­se Dis­kus­si­on freu­en, sind die neo­li­be­ra­len Libe­ra­li­sie­rer! Der Spar­ver­ein ist kein Instru­ment mäch­ti­ger Groß­an­le­ger und das was Stau­din­ger will, ist im Gesell­schafts­recht zu regeln und nicht im Bank­we­sen­ge­setz. Dass es dort wahr­schein­lich Ände­run­gen braucht, um Unter­neh­mens­fi­nan­zie­run­gen leich­ter zu ermög­li­chen, ist jeden­falls dis­kus­si­ons­wür­dig. Den Anle­ger­schutz für alle Spar­ver­eins­mit­glie­der die­ser Repu­blik des­halb auf­zu­wei­chen und die FMA zum neu­en poli­ti­schen Feind zu erklä­ren, ist aber jeden­falls eine Themenverfehlung.

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Der neue Kurswechsel bei eingSCHENKt (Okto)

12. November 2012 – 18:48 Uhr

Abstiegs­ängs­te tre­ten zuneh­mend auch in Wohl­stands­la­gen auf. Zumal sich Mit­tel­schich­ten in ihren Lebens­sti­len und Ein­stel­lun­gen ten­den­zi­ell „nach oben“ aus­rich­ten, wird Ver­un­si­che­run­gen nicht sel­ten mit der Abschot­tung gegen­über unte­ren Lagen begeg­net. Wo lie­gen die Quel­len die­ser neu­en Ver­un­si­che­rung? Wel­chen Bei­trag lie­fern die öko­no­mi­schen Ent­wick­lun­gen der letz­ten Jah­re? Wel­chen Ein­fluss haben media­le und öffent­li­che Dis­kur­se? Und wel­che Min­der­hei­ten wer­den zu Sün­den­bö­cken gemacht? Über die­se ähn­li­che Fra­gen spricht Mar­tin Schenk mit der Sozio­lo­gin Julia Hof­mann (Uni­ver­si­tät Wien):

http://okto.tv/eingschenkt/9810/20121108

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3.12.2012: Gendergerechtigkeit im Steuersystem

8. November 2012 – 17:23 Uhr

Bun­des­mi­nis­te­rin Gabrie­le Hei­nisch-Hosek und der BEIGEWUM laden zu einer Podi­ums­dis­kus­si­on zum Thema


Was Frau­en brau­chen – Ansät­ze für mehr Gen­der­ge­rech­tig­keit im Steuersystem“


Am 3. 12. um 18h30 Uhr (Ein­lass 18 Uhr) im Palais Diet­rich­stein (Mino­ri­ten­platz 3, 1014 Wien)


Begrü­ßung: Gabrie­le Heinisch-Hosek


Es dis­ku­tie­ren:

Mar­git Schrat­zen­stal­ler-Alt­zin­ger, Achim Tru­ger, Jana Schultheiß

Mode­ra­ti­on: Mar­ti­na Madner


Anmel­dung unter martina.janich@bka.gv.at oder 01/53115–207522.

Eine Ver­an­stal­tung der Rei­he »frauen.steuern.wirtschaft«


Ein­kom­men, Ver­mö­gen und Spit­zen­jobs sind in Öster­reich sehr ungleich zwi­schen Frau­en und Män­nern ver­teilt, eben­so Aus­maß und Art der bezahl­ten und unbe­zahl­ten Arbeit. Vie­le Fak­to­ren tra­gen dazu bei, und in den letz­ten Jah­ren ist ver­sucht wor­den, an ver­schie­de­nen Ursa­chen dafür anzu­set­zen. Wei­test­ge­hend noch unaus­ge­schöpft sind eini­ge Poten­tia­le, mit denen das Steu­er- und Abga­ben­sys­tem zur Ver­rin­ge­rung der unglei­chen Ver­tei­lung zwi­schen Män­nern und Frau­en bei­tra­gen könnte.

Neben grund­le­gen­den Fra­gen zur Steu­er­ge­rech­tig­keit wer­den die Exper­tIn­nen beleuch­ten, wel­che Poten­tia­le dies sind. Wie wir­ken sich Steu­er­sät­ze, Steu­er­be­güns­ti­gun­gen und Trans­fers auf die Erwerbs­tä­tig­keit und die Ver­tei­lung von bezahl­ter und unbe­zahl­ter Arbeit aus? Wo sind Ansatz­punk­te um mehr sozia­le und ins­be­son­de­re mehr Gen­der­ge­rech­tig­keit im und über das Steu­er­sys­tem herzustellen?

28.11.2012: Ökonomie der internationalen Entwicklung

8. November 2012 – 17:22 Uhr

Öko­no­mie der inter­na­tio­na­len Ent­wick­lung: Zur Not­wen­dig mul­ti­pa­ra­dig­ma­ti­scher Zugän­ge für Wege aus der euro­päi­schen Krise“


Am 28.11., 18h im Amer­ling Haus (Stift­gas­se 8  1070 Wien)


In Zei­ten der Glo­ba­li­sie­rung liegt es nahe, Öko­no­mie vor allem in ihrer inter­na­tio­na­len Dimen­si­on zu betrach­ten. Die AutorIn­nen des Ban­des „Öko­no­mie der inter­na­tio­na­len Ent­wick­lung. Eine kri­ti­sche Ein­füh­rung in die Volks­wirt­schafts­leh­re“ zei­gen unter­schied­li­che theo­re­ti­sche Sicht­wei­sen auf zen­tra­le wirt­schaft­li­che Zusam­men­hän­ge. Damit legen sie die Grund­la­ge für ein dif­fe­ren­zier­tes Ver­ständ­nis von Öko­no­mie und wirt­schafts­po­li­ti­schen Debat­ten. Volks­wirt­schaft­li­che Kern­the­men wie Staat, Wachs­tum, Ver­tei­lung und Geld wer­den jeweils aus den Blick­win­keln der Neo­klas­sik, des Keyne­sia­nis­mus und der Poli­ti­schen Öko­no­mie – und damit in einer mul­ti­pa­ra­dig­ma­ti­schen Zugangs­wei­se – erklärt. Damit erge­ben sich wich­ti­ge Erkennt­nis­se für die Ana­ly­se der Kri­se in Euro­pa und für mög­li­che Wege aus dieser.


Die kon­kre­ten sich dar­aus erge­ben­den Lösungs­an­sät­ze für Wege aus der Kri­se wer­den im Rah­men der Ver­an­stal­tung diskutiert.

Mit den AutorIn­nen Johan­nes Jäger und Eli­sa­beth Spring­ler dis­ku­tie­ren Karl Gold­berg, Alex­an­dra Strick­ner (Attac).

Ver­an­stal­ter: Mat­ters­bur­ger Kreis/​Attac/​BEIGEWUM


Eine Rezen­si­on fin­det sich hier.

Rezension: „Ökonomie der internationalen Entwicklung“

7. November 2012 – 11:47 Uhr

Ein­fach wie­der ein neu­er Klotz in der lan­gen Rei­he der immer glei­chen Öko­no­mie-Lehr­bü­cher? Nicht wirk­lich: Der Band „Öko­no­mie der inter­na­tio­na­len Ent­wick­lung“  bil­det eine Aus­nah­me in sei­nem Gen­re. Und das liegt nicht nur an dem pro­gram­ma­ti­schen Unter­ti­tel „Eine kri­ti­sche Ein­füh­rung in die Volks­wirt­schafts­leh­re“.  Die AutorIn­nen Johan­nes Jäger und Eli­sa­beth Spring­ler haben näm­lich nicht ein­fach einen Gegen­ent­wurf zu Main­stream-VWL-Lehr­bü­chern vor­ge­legt, denen sie die Vor­stel­lung eines hete­ro­do­xen Theo­rie­ge­bäu­des ent­ge­gen­set­zen. Es han­delt sich viel­mehr um die didak­ti­sche Meis­ter­leis­tung, einen Ver­gleich ver­schie­de­ner theo­re­ti­scher Schu­len zu bie­ten und mit Anwen­dungs­bei­spie­len zu ver­knüp­fen. Anhand von fünf The­men­be­rei­chen (Staat und Wirt­schaft, Wachs­tum,  Ver­tei­lung, Geld, Geo­gra­fie) wer­den jeweils Ein­füh­run­gen in die Kon­zep­tio­nen von Neo­klas­sik, Keyne­sia­nis­mus und Poli­ti­scher Öko­no­mie (wor­un­ter hier Vari­an­ten des Mar­xis­mus und der Regu­la­ti­ons­theo­rie ver­stan­den wer­den) gebo­ten. Zu jedem Kapi­tel gibt es dar­über hin­aus Ver­tie­fungs­ab­schnit­te, wo exter­ne AutorIn­nen Spe­zi­al­the­men und die Sicht der drei Theo­rien dar­auf beleuch­ten (von Gen­der über Res­sour­cen­po­li­tik bis zu Arbeits­rech­ten). Mit die­sen Spe­zi­al­the­men gelingt ein Sprung von der abs­trak­ten Welt der Theo­rie in aktu­el­le Fra­gen und Debatten.

Das im Titel zum Aus­druck gebrach­te und in der Ein­lei­tung beton­te Anlie­gen, Wirt­schaft in ihrer inter­na­tio­na­len Dimen­si­on in den Mit­tel­punkt zu stel­len, gelingt zwar nicht durch­wegs – was wohl nicht zuletzt dar­an liegt, dass nun mal die vor­ge­stell­ten Theo­rien zumeist ihren Aus­gangs­punkt bei volks­wirt­schaft­li­chen Über­le­gun­gen haben, auf denen Erwei­te­run­gen um die inter­na­tio­na­le Dimen­si­on dann auf­bau­en, was bei beschränk­tem Platz nicht immer aus­zu­füh­ren mög­lich ist. Auch die Ver­ständ­nis­hür­den sind kapi­tel­wei­se unter­schied­lich hoch. Doch in Sum­me und vor allem auf­grund sei­ner lie­be­voll auf­be­rei­te­ten Struk­tur bie­tet der Band eine der emp­feh­lens­wer­tes­ten Ein­stie­ge in öko­no­mi­sche Theo­rie­bil­dung, die im deut­schen Sprach­raum zu haben sind.


SPRINGLER, Eli­sa­beth /​ JÄGER, Johannes
Öko­no­mie der inter­na­tio­na­len Entwicklung
Man­del­baum Ver­lag, 380 Sei­ten, 19.80 €
ISBN: 978385476–386‑4

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