Was spricht eigentlich gegen eine Vermögensteuer? – BEIGEWUM

Was spricht eigentlich gegen eine Vermögensteuer?

am 9. April 2009 um 18:20h

Es ist wird wie­der ein­mal hef­tig über die Ver­mö­gen­steu­er dis­ku­tiert, doch der Opti­mis­mus, dass sie wirk­lich kommt, hält sich in Gren­zen. Es stellt sich aber die Fra­ge, was öko­no­misch für oder gegen eine Besteue­rung von Ver­mö­gen spricht.

Die Finan­zie­rung öffent­li­cher Aus­ga­ben ist gera­de auch in  Kri­sen­zei­ten uner­läss­lich, um sozia­le Leis­tun­gen aus­zu­bau­en, Bil­dung und Kul­tur aus­rei­chend zu finan­zie­ren, öffent­li­che Infra­struk­tur­pro­jek­te rea­li­sie­ren zu kön­nen, eine akti­ve Arbeits­markt­po­li­tik zu betrei­ben kurz: Um den Lebens­stan­dard der Men­schen zu sichern. Die­se Aus­ga­ben sind grund­sätz­lich über Steu­er­ein­nah­men, zum Teil auch über eine staat­li­che Neu­ver­schul­dung zu rea­li­sie­ren. Und dabei muss gel­ten: Wer mehr hat, der hat auch eine grö­ße­re Steu­er­last zu tra­gen. Es ist daher schwer ver­ständ­lich, war­um Öster­reich auf Ein­nah­men aus Sub­stanz­steu­ern – also aus Erb­schafts- und Ver­mö­gen­steu­ern – weit­ge­hend ver­zich­tet.  Ein paar Argu­men­te für die Debatte:

  1. Öster­reich ist bei der Besteue­rung von Ver­mö­gen und Erb­schaf­ten (fast) Schluss­licht in der EU. 2006 wur­den gera­de ein­mal 0,6 des BIP durch die­se Steu­ern ein­ge­ho­ben.  Der Durch­schnitt der EU lag 2006 bei knapp 2,0%, in Groß­bri­tan­ni­en waren es 4,6 Pro­zent des BIP (Stan­dard vom 09.04.09). Bei einer Anhe­bung auf den EU-Durch­schnitt wür­de Öster­reich 4 Mrd. Euro jähr­lich zusätz­lich einnehmen.
  2. Ver­mö­gen sind extrem ungleich ver­teilt. Wer wirk­lich eine Umver­tei­lung will, der muss in die Sub­stanz die­ser Ver­mö­gen eingreifen.
  3. Die Angst vor einer Ver­mö­gen­steu­er ist enorm. Men­schen, die durch bes­se­re öffent­li­che Leis­tun­gen pro­fi­tie­ren wür­den, leh­nen deren Finan­zie­rung über eine Ver­mö­gen­steu­er den­noch ab. Dabei muss klar sein: Eine Ver­mö­gen­steu­er kann so aus­ge­stal­tet wer­den, dass klei­ne­re und mitt­le­re Ver­mö­gen steu­er­frei blei­ben. Dafür kön­nen ent­spre­chen­de Frei­be­trä­ge vor­ge­se­hen wer­den. Das Schü­ren der Angst vor Ver­mö­gen­steu­ern ist inter­es­sen­ge­lei­tet und nicht rational.
  4. Gegen die Ver­mö­gen­steu­er wird ein­ge­wandt, dass die­ses Geld bereits ver­steu­er­tes Ein­kom­men sei und eine dop­pel­te Besteue­rung nicht zuläs­sig ist. Nun wird aber jedes Ein­kom­men bei Ver­aus­ga­bung mehr­fach besteu­ert: Erst durch die Lohn- und Ein­kom­men­steu­er, dann durch diver­se Ver­brauch­steu­ern (Mehr­wert­steu­er, Mine­ral­öl­steu­er usw.). Es gibt kei­ner­lei Begrün­dung, war­um das nicht so sein soll­te. Daher kön­nen auch Ver­mö­gen­steu­ern ein­ge­ho­ben wer­den, so denn der poli­ti­sche Wil­le da ist.

Neben der Fra­ge der Ein­nah­men ist immer die Fra­ge der Funk­ti­on zu beach­ten. Eine Besteue­rung von Ver­mö­gen lässt sich einer­seits aus dem Leis­tungs­fä­hig­keits­prin­zip, ande­rer­seits aus dem Äqui­va­lenz­prin­zip begrün­den. Aus Ver­mö­gen ent­ste­hen Leis­tun­gen wie bspw. Ein­kom­men, Pres­ti­ge, Macht, Sicher­heit. Eine Per­son, die Leis­tungs­fä­hi­ger ist, ist jedoch stär­ker zu besteu­ern. Dies ist kein Natur­ge­setz, aber eine poli­ti­sche Set­zung. Die­se gilt es zu ver­tei­di­gen, weil das Leis­tungs­fä­hig­keits­prin­zip eine der zen­tra­len Säu­len eines Sozi­al­staa­tes dar­stellt. Ein sol­cher kann nur bei Umver­tei­lung funk­tio­nie­ren, denn wenn jede Grup­pe für sich selbst sor­gen muss, dann ist das kein Wohl­fahrts­staat mehr. Zudem leis­tet der Staat auch etwas für die Ver­mö­gen­den: Er garan­tiert das Eigen­tum, er stellt die juris­ti­sche und säch­li­che Infra­struk­tur zur Ver­fü­gung, die not­wen­dig sind, dass Ver­mö­gen ent­ste­hen und exis­tie­ren kann. Daher kann der Staat nach dem Äqui­va­lenz­prin­zip auch Steu­ern auf Ver­mö­gen begrün­det einheben.
Es ist nicht ein­zu­se­hen, dass Öster­reich auf die drin­gend benö­tig­ten Ein­nah­men aus der Ver­mö­gen­steu­ern ver­zich­tet. Die posi­ti­ven Effek­te – Ein­nah­me­stei­ge­rung, glei­che­re Ver­tei­lung, weni­ger Kapi­tal­ak­ku­mu­la­ti­on – sind groß und soll­ten die Poli­tik dazu ver­an­las­sen, end­lich zu han­deln. Mit einem Ver­weis auf das Regie­rungs­pro­gramm ist es nicht getan. Ers­tens ist es ein Feh­ler, dass dort kei­ne Ver­mö­gen­steu­er benannt wird. Zwei­tens kann man Feh­ler kor­ri­gie­ren. Und Drit­tens ist die wirt­schaft­li­che Situa­ti­on eine deut­lich ande­re als zum Zeit­punkt der Koalitionsverhandlungen.


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