Mythos: „Privatisierungen helfen, Staatshaushalte wieder ins Lot zu bringen“ – BEIGEWUM

Mythos: „Privatisierungen helfen, Staatshaushalte wieder ins Lot zu bringen“

am 17. Februar 2014 um 18:19h

In den Regie­rungs­ver­hand­lun­gen Ende 2013 wur­de davon gespro­chen, ver­stärkt auf Pri­va­ti­sie­run­gen zu set­zen, um das ver­meint­li­che Bud­get­loch zu stop­fen. Die For­de­rung nach Pri­va­ti­sie­run­gen ist dabei nicht neu – oft wur­de in den ver­gan­gen Jah­ren der Wirt­schafts- und Finanz­kri­se von Pri­vat­sie­run­gen als Lösung gespro­chen, und den so genann­ten „Kri­sen­staa­ten“ sei­tens der Troi­ka als Heil­kur ver­ord­net. Was ist aber dran am Mythos? Brin­gen Pri­va­ti­sie­run­gen von Staats­ei­gen­tum den Staats­haus­halt wie­der ins Lot?

Nein, so kann in Kür­ze geant­wor­tet wer­den. Denn Pri­va­ti­sie­run­gen sind lang­fris­tig gese­hen nichts ande­res, als der Ver­such, Lebens­be­rei­che der kol­lek­ti­ven Gestal­tungs­mög­lich­keit zum Zweck der pri­va­ten Gewinn­mög­lich­keit zu ent­zie­hen. Die Fol­gen sind stär­ke­re Ein­kom­mens- und Ver­mö­gens­kon­zen­tra­ti­on – und dies meist in Gleich­schritt mit dem Aus­blei­ben der ver­meint­li­chen Ver­bes­se­run­gen für die Bevöl­ke­rung. Dies alles wirkt sich eher nega­tiv auf die lang­fris­ti­ge sozia­le und öko­no­mi­sche Situa­ti­on einer Volks­wirt­schaft aus.

Ein wei­te­res Argu­ment ist, dass mit dem Ver­kauf von Staats­ei­gen­tum die Betei­li­gungs­er­trä­ge in den Fol­ge­jah­ren weg­fal­len. Ob hier die Ein­spa­rung an Zin­sen durch den Schul­den­ab­bau mit­tels Pri­va­ti­sie­rungs­er­lö­se im Gegen­satz höher lie­gen, kann bezwei­felt wer­den. Zudem ist spe­zi­ell in Kri­sen­jah­ren mit beson­ders gerin­gen Pri­va­ti­sie­rungs­er­lö­sen zu rech­nen, da die all­ge­mei­ne Wirt­schafts­la­ge die Ertrags­aus­sich­ten und damit die Bewer­tung eines jeden ein­zel­nen Unter­neh­mens beein­flusst. Zudem kön­nen Pri­va­ti­sie­run­gen für die viel­be­schwo­re­ne Maas­tricht-Berech­nung nicht her­hal­ten – sie wer­den schlicht in der euro­päi­schen Defi­zit­rech­nung nicht berück­sich­tigt.

Inter­es­sant ist aber jeden­falls, dass die Debat­te zu Beginn der Kri­se einen ande­ren Fokus hat­te – hier wur­de ver­stärkt auf Ver­staat­li­chun­gen und wei­te­ren wirt­schaft­li­chen Unter­stüt­zungs­maß­nah­men sei­tens der öffent­li­chen Hand z.B. im Rah­men der Ban­ken­ret­tung gesetzt. Die Ent­wick­lung der letz­ten Jah­re kann also so zusam­men­ge­fasst wer­den – Pri­va­ti­sie­rung der Gewin­ne, Sozia­li­sie­rung der Ver­lus­te. Ganz im Gegen­teil soll­te aber bei öffent­li­chen Unter­neh­men der Gestal­tungs­auf­trag gestärkt wer­den, um gesell­schaft­li­che Inter­es­sen zu wah­ren. Denn vie­le Leis­tun­gen der öffent­li­chen Daseins­vor­sor­ge wie der Zug, die Pfle­ge oder das Was­ser wären ohne staat­li­ches Enga­ge­ment nicht über­all oder nur für die Wohl­ha­ben­de­ren einer Gesell­schaft verfügbar.

 

 

Beim vor­lie­gen­den Bei­trag han­delt es sich um die gekürz­te Ver­si­on eines Kapi­tels aus dem Buch „Mythen des Spa­rens. Anti­zy­kli­sche Alter­na­ti­ven zur Schul­den­brem­se“. Die­ses wur­de 2013 vom BEIGEWUM (Bei­rat für gesellschafts‑, wirt­schafts- und umwelt­po­li­ti­sche Alter­na­ti­ven) her­aus­ge­ge­ben und wen­det sich an alle, die der Behaup­tung „Spa­ren sei das Gebot der Stun­de“ fun­dier­te Argu­men­te ent­ge­gen­set­zen wol­len. Es wer­den zen­tra­le Mythen aus den Berei­chen „Schul­den“, „Spa­ren“ und der damit ver­bun­de­nen EU-Poli­tik kri­tisch hin­ter­fragt und die dahin­ter­ste­hen­den Zusam­men­hän­ge erklärt. Das Buch ist im VSA-Ver­lag erschie­nen und kann hier bestellt werden: 
http://www..vsa-verlag.de/nc/detail/artikel/mythen-des-sparen/

 



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