Nieder mit Humboldt – BEIGEWUM

Nieder mit Humboldt

am 28. Oktober 2009 um 21:31h

Ich weiss, damit mache ich mir hier kei­ne Freun­de, aber: der Öko­nom hat recht. Ich weiss, es wird nicht gern gele­sen, aber: Öster­reichs Hoch­schul­sys­tem ist eines der eli­tärs­ten, die es im inter­na­tio­na­len Ver­gleich gibt. Ich weiss, es ist nicht oppor­tun, aber: Ein Bil­dungs­sys­tem, das der­art ver­ant­wor­tungs­los mit ihren Res­sour­cen umgeht, ist so ver­rot­tet wie die Zustän­de, die jetzt zu recht ange­klagt werden.

Ich wür­de mir gera­de von der Lin­ken in Öster­reich wün­schen, dass sie sich doch lang­sam mal davon ver­ab­schie­det, sich vor den Kar­ren der aka­de­mi­schen Eli­ten die­ses Lan­des span­nen zu las­sen und statt­des­sen sozi­al gestaf­fel­te Zugangs­kri­te­ri­en für die höhe­re Bil­dung zu for­dern beginnt. Und, bit­te, bit­te: Ver­gesst Hum­boldt und die­sen gan­zen bil­dungs­bür­ger­li­chen Quatsch!

14 Kommentare:

  1. Klemens Himpele am 30.Oktober 2009 um 20:31h

    Lie­ber Thomas,

    ja, Du hast recht: Hum­boldt ist nicht der Maß­stab, die Öko­no­mie auch nicht. Was Bil­dung kann und was nicht ist viel­schich­ti­ger, sie­he z.B. bei der Memo-Grup­pe: http://www.memo.uni-bremen.de/docs/klassikerBildung.pdf.
    Der Bezug auf ein humboldt’sches Bil­dungs­ide­al ist schon des­halb ver­fehlt, weil die Fra­ge der Rah­men­be­din­gun­gen hier oft nicht gestellt wird.

    Ja, Du hast auch recht, wenn Du schreibst, dass das österr. Sys­tem ega­li­tär und des­we­gen reform­be­dürf­tig ist. In der Tat soll­te man die begon­ne­nen Refor­men in die­se Rich­tung nut­zen. Was heißt das denn: Öff­nung der Hoch­schu­len? Wenn man das ernst­haft betreibt, dann wer­den sich man­che noch ganz schön wun­dern, wie Hoch­schu­len sich auch ändern müss­ten. Ich bin dafür dies zu tun, Ansät­ze sind hier zu fin­den: http://www.gew.de/Binaries/Binary52190/090903_Bologna-Endfassung_final-WEB.pdf. In die­sem Sin­ne ver­ste­he ich Dein Span­nen vor den Kar­ren der aka­de­mi­schen Eli­ten eben auch als Auf­for­de­rung, genau die­ses Eli­tä­re zu überwinden.

    Aber: Du irrst mei­nes Erach­tens, wenn Du fol­gen­des for­derst: „sozi­al gestaf­felte Zugangs­kri­te­rien für die höhe­re Bil­dung“. Es muss doch dar­um gehen, die Hoch­schu­len ernst­haft zu öff­nen, etwa, indem man die Ver­säu­lung von aka­de­mi­scher und dua­ler Aus­bil­dung auf­hebt (mit allen Kon­se­quen­zen für den Hoch­schul­be­trieb sel­ber). Es bedarf der För­de­rung von sog. bil­dungs­fer­nen Schich­ten, da bekannt­lich – da hast Du recht – die glei­che Behand­lung von Unglei­chem die Ungleich­heit fort­schreibt. Wie­so aber soll ich so etwas über Zugangs­be­schrän­kun­gen regeln und nicht über die Instru­men­te der Öff­nung des Bil­dungs­sys­tems? War­um also nicht das von Dir for­mu­lier­te Ziel der Über­win­dung der eli­tä­ren Struk­tu­ren durch Öff­nung statt durch Aus­schluss errei­chen? Es gibt doch Län­der, in denen das ver­gleichs­wei­se gut funk­tio­niert, war­um nicht auch in Öster­reich? Ein Pro­blem gäbe es ernst­haft doch nur dann, wenn man davon aus­gin­ge, dass es ein zu viel an Bil­dung an Hoch­schu­len gibt, d.h. das Mehr an „Arbei­ter­kin­dern“ durch ein Weni­ger an „Aka­de­mi­ker­kin­dern“ umge­setzt wer­den müss­te. Dann hät­test Du recht: Es göl­te, gesell­schaft­lich Kri­te­ri­en aus­zu­han­deln. Nur: Ich glau­be, von die­ser Situa­ti­on sind wir weit ent­fernt und wir wer­den sie auch nicht errei­chen, da ein rei­ches Land wie AT sich „Bil­dung für alle“, um mal einen Slo­gan auf­zu­grei­fen, ernst­haft leis­ten könnte.

  2. Klemens Himpele am 3.November 2009 um 21:26h

    Ähem: Das hier: „Ja, Du hast auch recht, wenn Du schreibst, dass das österr. Sys­tem ega­li­tär und des­we­gen reform­be­dürf­tig ist“ muss natür­lich lau­ten: „Ja, Du hast auch recht, wenn Du schreibst, dass das österr. Sys­tem ELITÄR und des­we­gen reform­be­dürf­tig ist. „

  3. gerlindeegger am 4.November 2009 um 11:58h

    Hal­lo Thomas,

    Ent­ge­gen der ger­ne ver­brei­te­ten Ansicht, an der Uni stu­dier­ten nur Arzt­söh­ne, denen die Bil­la-Kas­sie­re­rin ihr Stu­di­um zah­le, möch­te ich auf viel­leicht über­ra­schen­de Daten hinweisen: 

    * Gut die Hälf­te der öster­rei­chi­schen Erst­im­ma­tri­ku­lier­ten heu­te haben Väter ohne Matura.
    * Zählt auch die Aus­Bil­dung der Müt­ter, dann haben 40% aller die­ser Erst­im­ma­tri­ku­lier­ten Eltern, die bei­de über kei­ne Matu­ra verfügen. 

    (Nach den Daten laut Sta­tis­tik Aus­tria (Hg.) (2009). Bil­dung in Zah­len 2007/​08. Tabel­len­band. Wien. Sei­te 242. http://tinyurl.com/ylh859n)

    Dar­ge­stellt wird das aber manch­mal sehr ver­zer­rend: sie­he die zu die­sen Daten par­al­lel publi­zier­te Gra­fik mit dem ein­sei­tig redu­zie­ren­den Text:
    „29% der öster­rei­chi­schen Erst­im­ma­tri­ku­lier­ten haben einen Aka­de­mi­ker zum Vater. Davon ist bei 63% auch die Mut­ter Aka­de­mi­ke­rin.“ Der Text sug­ge­riert, die­se Antei­le sei­en beson­ders hoch, dabei sind es also – anders aus­ge­drückt – gera­de mal 18%, deren Eltern bei­de Aka­de­mi­ke­rIn­nen sind.

    (Gra­fik 25 auf Sei­te 37 in Sta­tis­tik Aus­tria (Hg.) 2009. Bil­dung in Zah­len 2007/​08. Schlüs­sel­in­di­ka­to­ren und Ana­ly­sen. Wien. http://tinyurl.com/yf7l74t)
    lgg

  4. pf am 4.November 2009 um 14:42h

    Hal­lo Allerseits,

    Das öster­rei­chi­sche Bil­dungs­sys­tem scheint ins­ge­samt doch recht undurch­läs­sig zu sein. An den erst­ma­tri­ku­lier­ten kann das aber nur schwer gemes­sen wer­den, da es ja um Abschlüs­se geht. Zudem wäre es auch falsch allein ter­tiä­re Abschlüs­se zu betrach­ten, wobei auch hier klar ist dass öster­reich recht schlecht aus­steigt. Um das nach inter­na­tio­na­len Stan­dards zu mes­sen gibt es aber in Öster­reich kaum Datensätze.
    An einem, der recht neu ist, und mit dem so ziem­lich alles pro­du­zie­ren kann was in der Lite­ra­tur so üblich ist arbei­te ich gera­de. Ein Papier ist bereits feri­gt aber noch nicht publi­ziert (https://editorialexpress.com/cgi-bin/conference/download.cgi?db_name=IAFFE2009&paper_id=304). Ein wei­te­res in Arbeit.
    Prin­zi­pi­ell zeigt sich dass die Mobi­li­tät im inter­na­tio­na­len und beson­ders im euro­päi­schen Ver­gleich eher gering ist. öster­reich ist eher mit den in Bezug auf inter­ge­nera­tio­nel­le Trans­mis­si­on von Bil­dung wenig mobi­len süd­eu­ro­päi­schen Län­dern ver­gleich­bar. Ob das Sys­tem heu­te (sie­he ers­ma­tri­ku­lier­te) so anders also durch­läs­si­ger ist wird sich erst in 20 Jah­ren zei­gen lassen…da sich aber nicht viel geän­dert hat ist das wohl kaum zu erwarten.
    Für die heu­ti­ge reprä­sen­ta­ti­ve Popu­la­ti­on gilt aber: Kin­der von Vätern mit Uni­ab­schluss haben(hatten) eine 50% Chan­ce selbst einen Uni Abschluss zu erlan­gen. Kin­der von Vätern mit max. Pflicht­schul­ab­schluss nur 6% Chan­ce. Für mehr (auch Gen­der-spe­zi­fi­sches) sie­he genann­ten Link.

    lg
    pf

    PS: Bei der öster­rei­chi­schen Aka­de­mi­ke­rIn­nen­quo­te von (je nach Schät­zung zwi­schen 11–15% sind die 18% deren Eltern BEIDE aka­de­mi­ke­rIn­nen übri­gens enorm hoch!

  5. beat am 4.November 2009 um 15:07h

    Ad pf: Für die all­ge­mei­ne­re Fra­ge­stel­lung der Durch­läs­sig­keit des ö. Bil­dungs­sys­tems sind dei­ne Anmer­kun­gen sicher rich­tig. Für die enge­re Fra­ge pro/​kontra offe­ner Hoch­schul­zu­gang sind die Erst­se­mes­ter-Her­künf­te aber sehr auf­schluss­reich, find ich. Dass der offe­ne Zugang dann allein nicht reicht, um sozi­al schwa­chen auch einen Abschluss zu ermög­li­chen, ist eine ande­re inter­es­san­te Fra­ge­rich­tung, der wohl mit­tels drop out-Motiv Stu­di­en nach­ge­gan­gen wer­den muss (die Uni Kla­gen­furt hat sol­che Stu­di­en mal gemacht, soweit ich weiss)

  6. gerlindeegger am 4.November 2009 um 15:58h

    der punkt ist aber doch schon auch der, wel­che poli­ti­schen schlüs­se mit iso­lier­ten daten ver­bun­den wer­den. die erkennt­nis, das bil­dungs­sys­tem sei nach­wie­vor bei wei­tem nicht ega­li­tär genug, ist eine sache, eine ande­re der schritt, die for­de­rung nach öff­nung weg zu wer­fen und sich (meist meri­to­kra­ti­schen) posi­tio­nen anzu­schlie­ßen, die grund­sätz­lich dar­auf hin­aus­lau­fen, die zahl der stu­dis ins­ge­samt zu redu­zie­ren, also leu­te, die heu­te noch an der uni sind, mor­gen nicht mehr rein zu las­sen. aus daten lässt sich das so nicht folgern.

  7. Thomas Koenig am 4.November 2009 um 17:25h

    Die ent­schei­den­de Fra­ge der poli­ti­schen Posi­tio­nie­rung ist doch: Hält man am Ide­al des frei­en Hoch­schul­zu­gangs fest und akzep­tiert damit alle struk­tu­rel­len Schwä­chen (von der Schul­pro­ble­ma­tik bis zur Ver­fasst­heit der Unis) und ideo­lo­gi­schen Ver­ren­kun­gen (wem kommt der freie Hoch­schul­zu­gang zugu­te? Und was sind eigent­lich die Fach­hoch­schu­len in die­ser Per­spek­ti­ve?), die damit ein­her­ge­hen, oder lässt man sich mal was ande­res einfallen?
    Inter­es­sant fin­de ich an der Dis­kus­si­on im Anschluss an mei­ne klei­ne, medio­kre Pro­vo­ka­ti­on, dass hier im End­ef­fekt über die Inter­pre­ta­ti­on von Zahlen/​Statistiken dis­ku­tiert wird, aber nicht über das, was mit der Hoch­schul­bil­dung erreicht wer­den soll (bzw., lei­der ja auch dau­ernd erreicht wird).
    IMHO ist es ein Fehl­schluss jeder lin­ken Uni­be­we­gung gewe­sen, zu glau­ben, dass eman­zi­pa­to­ri­sches Den­ken an den Hoch­schu­len ver­mit­telt wer­den kann (außer als Nische). Der Kin­der­gar­ten wär der Ort, wo zu suchen wäre, und viel­leicht auch noch die Volks­schu­le. Aber da ist lei­der ent­setz­lich wenig pas­siert (viel­leicht aus Über­heb­lich­keit, viel­leicht aus den zuge­ge­ben gro­ßen Schwie­rig­kei­ten, viel­leicht auch aus Bequem­lich­keit). Und es ist auch ein Fehl­schluss, die Unis als irgend­ei­nen Ort der beson­de­ren Demo­kra­tie zu ima­gi­nie­ren; hier geht es um ande­res (näm­lich, sozio­lo­gisch gespro­chen, Reputationserwerb).
    War­um also über­haupt die­ses Kapri­zie­ren auf die Unis? Ich fin­de, es wer­den vie­le rich­ti­ge Din­ge kon­sta­tiert, die eine Kata­stro­phe sind, aber die Fixie­rung auf alt­ehr­wür­di­ge Ein­rich­tun­gen, die seit jeher von Sta­tus­sym­bo­len lebt und denen nicht mal die 68er-Bewe­gung eine Rich­tungs­än­de­rung anha­ben konn­te (abge­se­hen von Krat­zern wie die Grup­pen­uni­ver­si­tät, ein gran­dio­ses Pro­jekt, das am Vor­be­halt der Staats­bü­ro­kra­tie eben­so gran­di­os geschei­tert ist), an denen die Kor­rek­tur zu suchen ist, hat irgend­wie etwas Schräges.

  8. pf am 4.November 2009 um 18:07h

    ad beat:
    „Dass der offe­ne Zugang dann allein nicht reicht, um sozi­al schwa­chen auch einen Abschluss zu ermög­li­chen, ist eine ande­re inter­es­sante Fra­ge­rich­tung, der wohl mit­tels drop out-​​Mo­tiv Stu­dien nach­ge­gan­gen wer­den muss „…da wur­de ich wohl falsch ver­stan­den. Wie ich mit mei­nem PS schon andeu­ten woll­te, zei­gen ja auch die erst­se­mest­ri­gen Zah­len, dass die sozi­al Schwa­chen erst gar nicht bis zur Uni durch­kom­men. Das „gera­de mal 18%, deren Eltern bei­de Aka­de­mi­ke­rIn­nen sind“ bedeu­tet ja dass gera­de Aka­de­mi­ke­rIn­nen­kin­der weit über­pro­por­tio­nal ver­tre­ten sind. Bei einer Aka­de­mi­ke­rIn­nen­quo­te von 10–15 Pro­zent und der Tat­sa­che, dass Aka­de­mi­ke­rIn­nen auch höhe­re Chan­cen haben gemein­sam ein Kind zu pro­du­zie­ren (assor­ta­ti­ve mating). Habe gera­de die Tran­si­ti­ons­ma­trix für Kohor­ten mit Volks­schul­be­ginn nach 1980 berech­net und nur Per­so­nen ver­wen­det, die Älter als 24 Jah­re sind (also Hoch­schu­le abge­schlos­sen haben können).
    Die Ergeb­nis­se in Bezug auf Hoch­schul­bil­dung sind: Wenn Vater Aka­de­mi­ker ist die Chan­ce auf Uni Abschluss 45% und 90% min­des­tens Matu­ra oder mitt­le­re Schu­le zu haben. Für Kin­der von Vätern mit maxi­mal Pflicht­schu­le sind die Chan­cen 5% bzw. 27%. Alles nur für Leu­te ab Jahr­gang 1974…also recht rezent…n ist immer noch über 700 Vater-Kin­der paa­re… Berech­nung soll­te also in Ord­nung sein.
    Wie du siehst es han­delt sich schon um das Pro­belm, dass die sozi­al Schwa­chen gar nicht soweit kom­men. Da gehts nicht (nur) um drop out!

  9. beat am 5.November 2009 um 10:06h

    ad pf: Dass Bil­dungs­eli­ten über­pro­por­tio­nal ver­tre­ten sind und dass das Bil­dungs­sys­tem auf allen Ebe­nen weni­ger selek­tiv gemacht gehört, wür­de hier ja nie­mand bestrei­ten. Aber die Argu­men­ta­ti­ons­ba­sis für Stu­di­en­ge­büh­ren als Maß­nah­me zur Erhö­hung der Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit, näm­lich dass da (fast) aus­schließ­lich Aka­de­mi­ker­kin­der stu­die­ren, wird durch die Zah­len durch­aus angekratzt.
    ad Tho­mas: „Kapri­zie­rung auf die Unis“? Hm. Wenn die Leu­te beim Uni-Pro­test gemeint sind: Ers­tens ist es nahe­lie­gend, dass Leu­te an Unis sich zuerst an ihrem Lebens­mit­tel­punkt enga­gie­ren, zwei­tens gibt es inten­si­ve Bemü­hun­gen, Schü­le­rIn­nen und ande­re ein­zu­be­zie­hen (vgl. heu­ti­ger Akti­ons­tag). Drit­tens ist das Strei­ten für die Gesamt­schu­le in letz­ter Zeit ein wich­ti­ges The­ma gewe­sen, würd ich meinen.
    Die Uni wird glaub ich von nie­mand als Ort der Demo­kra­tie ima­gi­niert, son­dern die Demo­kra­ti­sie­rung der Unis ist eine zen­tra­le For­de­rung der Pro­test­be­we­gung, soweit ich mit­ge­kriegt habe.
    Und: Wie­so kann eman­zi­pa­to­ri­sches Den­ken im Kin­der­gar­ten bes­ser bzw. mit höhe­ren Durch­set­zungs­chan­cen ver­mit­telt wer­den als an der Uni?

  10. pf am 5.November 2009 um 10:53h

    ad beat: Aha, jetzt ver­ste­he ich. Mir war nicht klar, dass irgend­wer ernst­haft Stu­di­en­ge­büh­ren als Maß­nah­me zur Erhö­hung der Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit sieht. Da sämt­li­che (zumin­dest öster­rei­chi­sche) Stu­den­tIn­nen durch ihr Stu­di­um bis zum 26. bzw. 27. Jahr auch Fami­li­en­bei­hil­fe bezie­hen (im gegen­satz zu jenen die nicht stu­die­ren) müss­ten die Stu­di­en­ge­büh­ren aber schon mal deut­lich höher sein um Ver­tei­lungs­wir­kung erzie­len zu kön­nen. Abge­se­hen davon, dass eine Gebühr an einer Hoch­schu­le wohl eine der vor­sich­tig aus­ge­drückt „inef­fi­zi­en­tes­ten“ Maß­nah­men ist, wenn Umver­tei­lung das Ziel sein soll…

  11. Thomas Koenig am 5.November 2009 um 11:23h

    Beat: von „Stu­di­en­ge­büh­ren“ hab zumin­dest ich nicht gespro­chen, son­dern von „Zugangs­kri­te­ri­en“. Es ist eine selt­sa­me Posi­ti­on, dass, wenn man sich gegens idea­lis­ti­sche Hum­boldt-Modell wen­det, mit der staats­funk­tio­na­lis­ti­schen Bil­dungs­öko­no­mie im Boot sitzt; aber mir ist letz­te­re im Augen­blick lie­ber als ers­te­re, weil jene sich noch mehr in die Tasche lügt als die­se. Was den Kin­der­gar­ten betrifft: Wo fin­det denn das Erler­nen von Sozi­al­kom­pe­tenz (als Grund­vor­aus­set­zung von eman­zi­pa­to­ri­schem Den­ken) statt?
    Mein grund­le­gen­des Pro­blem ist die ideel­le Über­frach­tung der Ein­rich­tung Uni­ver­si­tät (aus Hum­boldt- wie aus bil­dungs­öko­no­mi­scher Sicht); die stört mich emp­find­lich, weil die Rea­li­tät, die ich täg­lich erle­be, dem so über­haupt nicht ent­spricht. Ant­wor­ten habe ich kei­ne, aber die emo­tio­nal-intel­lek­tu­el­len Stö­run­gen, die das bei mir aus­löst, woll­te ich zumin­dest mit dem Blog­ein­trag wei­ter­ge­ben, auch wenns etwas erra­tisch ist. Dei­nen Ein­wän­den bzgl. Kapri­zie­ren stim­me ich zu, nur dass ich der Idee der Demo­kra­ti­sie­rung – sie­he Über­frach­tung – eben skep­tisch gegenüberstehe.

  12. Thomas Koenig am 5.November 2009 um 11:34h

    Pir­min: Ob es eine inef­fi­zi­en­te Maß­nah­me ist, weiss ich nicht (würd aber gern lesen, war­um), und ob Umver­tei­lung das Ziel ist, ist ja noch gar nicht klar: Es wäre aller­dings mei­ne poli­ti­sche For­de­rung (und wohl auch die der ande­ren hier Dis­ku­tie­ren­den). Wie auch immer: Die Bil­dungs­öko­no­men for­dern, wenn ichs recht ver­ste­he, 1) sozi­al gestaf­fel­te Stu­di­en­ge­büh­ren, und 2) Gebüh­ren bei Stu­di­en­rich­tun­gen, die über­lau­fen sind (ins­bes. also den sozi­al­wis­sen­schaft­li­chen). Funk­tio­nie­ren könn­te ers­te­res wohl ohne­hin nur, wenn es eine Steu­er­re­form gibt, mit der eine wie­der pro­gres­si­ve­re Steu­er­po­li­tik erzielt wür­de, weil ja nur so sinn­voll eine Bemes­sungs­grund­la­ge gelegt wer­den könn­te, wer (und wer nicht) zu zah­len hät­te (und wie­viel); zwei­te­res wür­de nur klap­pen, wenn man fest­stel­len wür­de, wie vie­le Arbeits­plät­ze für einen (sozi­al­wis­sen­schaft­li­chen) Stu­di­en­ab­schluss im Jah­re X bestehen wür­den, und das wie­der­um wird nie­mand berech­nen kön­nen; inso­fern steh ich der Idee auch skep­tisch gegenüber.

  13. pf am 5.November 2009 um 15:33h

    ad Tho­mas: Ich habe geschrie­ben „…„inef­fi­zi­en­tes­ten“ Maß­nah­men ist, wenn Umver­tei­lung das Ziel sein soll“. War­um es inef­fi­zi­ent zur Umver­tei­lung ist ist denk ich klar, aber ich kann es auch gern noch näher aus­füh­ren, wenn das gewünscht ist: Ers­tens wer­den nur jene erwischt, die auf die Uni gehen, zwei­tens ist es zusätz­li­cher büro­kra­ti­scher Auf­wand, drit­tens gehen gleich­zei­tig län­ger ande­re sozi­al­aus­ga­ben an stu­die­ren­de (Fami­li­en­bei­hil­fe) die an nicht stu­die­ren­de nicht gehen, usw. usf.. Effi­zi­en­te Umver­tei­lung fin­det über die Besteue­rung von Ein­kom­men in sei­nen ver­schie­dens­ten For­men statt (inkl. Sozi­al­ver­si­che­rungs­ab­ga­ben) wenn die­se ent­spre­chend gestal­tet sind. Wenn das nicht mehr geht, weil es schon zulan­ge nicht aus­rei­chend gemacht wur­de ist es das zweit­ef­fi­zi­en­tes­te direkt Ver­mö­gen zu besteu­ern. In bei­den Fäl­len ist die staf­fe­lung recht ein­fach, da die Daten bereits vor­han­den sind und es nicht zu gleich­zei­ti­ger Sub­ven­tio­nie­rung (Fami­li­en­bei­hil­fe) und Gebüh­ren­ein­trei­bung (Stu­di­en­ge­büh­ren) kommt, die noch dazu mit einer Prü­fung irgend­wel­cher Ein­kom­mens- und sons­ti­ger Ver­hält­nis­se von Eltern etc. zusam­men­hängt. Zudem ist ja klar dass sich unter­schied­li­che Stu­di­en auch unter­schied­lich auf das Lebens­ein­kom­men aus­wir­ken, was nicht in die Staf­fe­lung mit­ein­be­zo­gen wer­den könn­te (son­dern nur nach Ein­kom­men der Eltern). Das heisst erst wird von jemand sozu­sa­gen weg­ver­teilt der dann als arbeits­lo­ser ex Stu­dent wie­der zum Emp­fän­ger von Umver­tei­lung wird. Kurz­um ande­re Umver­tei­lungs­maß­nah­men sind effi­zi­en­ter. Falls das noch nicht reicht kann ich dazu aber gern noch mehr liefern. 

    Ich glau­be aber eher, dass du meinst dass es effi­zi­ent sein könn­te in Bezug auf ande­re Ziele… 

    Wenn das Ziel aber nicht Umver­tei­lung ist son­dern dass Stu­di­en nicht über­lau­fen sind, war­um soll das mit Stu­di­en­ge­büh­ren gehen??? Zur ech­ten Bar­rie­re wer­den sie ja nur wenn Leu­te auf­grund einer Kos­ten-Nut­zen rech­nung nicht mehr stu­die­ren oder es sich ein­fach nicht leis­ten kön­nen. Sind sie echt sozi­al gestaf­felt und soll das geld kei­ne Bar­rie­re dar­stel­len und die die sichs nicht leis­ten kön­nen auch gar nichts zah­len sind sie auch kei­ne Bar­rie­re mehr. Sol­len also Stu­di­en nicht über­lau­fen sein muss ent­we­der mehr Platz geschaf­fen wer­den (wofür ich plä­die­ren wür­de) und dafür gibts auch genug Geld, oder es soll­te nach Leis­tung geson­dert wer­den. Dies kann aber wie­der­um erst im Stu­di­um und im Lau­fe der Zeit gesche­hen und sicher nicht durch Ein­gangs­tests, die v.a. jene Befor­zu­gen die sozi­al stär­ker sind, weil sie in bes­se­re Schu­len gegan­gen sind und sich nach­hil­fe leis­ten kön­nen etc. etc….(trotzdem bin ich abso­lut dage­gen!!!). Wie gesagt es ist genug Geld da. Das Ban­ken­pa­ket wur­de bis jetzt „nur“ zur Hälf­te aus­ge­schöpft, die ande­re Hälf­te sind schon­mal 8Mrd….;-)…das reicht ne weile!

  14. Thomas Koenig am 6.November 2009 um 01:26h

    Mei­ne Fra­ge war wirk­lich rei­nes Inter­es­se, dan­ke für die Anfüh­rung von Argumenten :-)
    Und noch­mals: ich hab nie für die Ein­füh­rung von Stu­di­en­ge­büh­ren plä­diert. Ob es genug Geld für eine Aus­wei­tung der Stu­di­en­plät­ze gibt, das ist letzt­lich eine poli­ti­sche Ent­schei­dung. Ich wär ja an sich auch dafür. Mei­ne Skep­sis ist nur, dass ich in Kennt­nis der österr. Unis es fast für eine Ver­schwen­dung hiel­te, denen noch mehr Geld zu geben. Zuge­ge­ben, das ist pole­misch, aber: Ban­ken oder Unis, das ist wie Pest oder Cholera …


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