Die Banker, die Manager, die Boni und die Staatshilfe: Ein Dreigroschenopern-Roman – BEIGEWUM

Die Banker, die Manager, die Boni und die Staatshilfe: Ein Dreigroschenopern-Roman

am 14. August 2009 um 16:19h

In Ber­tolt Brechts Thea­ter­mori­tat von Die­ben, Bett­lern und der fei­nen Gesell­schaft (1) ist Moral eine heuch­le­ri­sche, der Bour­geoi­sie vor­be­hal­te­ne Kate­go­rie; gesell­schaft­li­cher Zusam­men­halt exis­tiert fak­tisch nicht. Dort fragt Mackie Mes­ser rhe­to­risch „Was ist ein Diet­rich gegen eine Aktie? Was ist ein Ein­bruch in eine Bank gegen die Grün­dung einer Bank?“ Berech­tig­te Fra­gen, die sowohl in der Lite­ra­tur von damals als auch in der Rea­li­tät von heu­te unbe­ant­wor­tet bleiben.

Der öster­rei­chi­sche Staat hat – wie vie­le ande­re Län­der die­ser Welt – hohe Sum­men zur Absi­che­rung sei­nes Finanz­sek­tors zur Ver­fü­gung gestellt. 100 Mil­li­ar­den Euro wer­den für Haf­tun­gen und Reka­pi­ta­li­sie­rung reser­viert, um maro­de Ban­ken vor dem Absturz zu schüt­zen und dadurch die ins Tru­deln gera­te­ne Wirt­schaft wie­der mit Geld zu ver­sor­gen. Weil letz­te­res nur bedingt funk­tio­niert und die Ban­ken Unter­neh­men kaum län­ger­fris­ti­gen Kre­di­te geben (kön­nen?), wur­den vom Ban­ken­ret­tungs­pa­ket nun­mehr 10 Mil­li­ar­den Euro für so genann­te Unter­neh­mens­kre­dit­haf­tun­gen umge­wid­met. An wel­che – nicht nur sym­bo­lisch bedeut­sa­men – Bedin­gun­gen die Gewäh­rung die­ser Haf­tun­gen geknüpft ist, dürf­te der­zeit Gegen­stand poli­ti­scher Aus­ein­an­der­set­zun­gen sein (2). So soll offen­bar die ÖVP kein Pro­blem damit haben, dass gut bezahl­te Mana­ger von sol­cher­art unter­stütz­ten Fir­men nach wie vor ihre Boni kas­sie­ren. In Abwand­lung von Mackie Mes­sers Dik­tum, kommt da wohl eini­ges an fei­nem Essen, bevor auch nur der Hauch von Moral sicht­bar wird. Und Divi­den­den bit­te auch noch für die Aktio­nä­re – denn was bei Ban­ken recht ist, muss bei Unter­neh­men bil­lig sein.

So ist natür­lich auch beim Par­ti­zi­pa­ti­ons­ka­pi­tal für die Ban­ken ‑also bei jenem Geld, mit dem der Staat dem Finanz­sek­tor zwar direkt unter die Arme, aber kei­nes­falls ins unter­neh­me­ri­sche Ruder greift – die Fra­ge von Bonus­zah­lun­gen und Divi­den­den eine heik­le gewe­sen. Und sie wur­de bis­her nicht bzw. nur zum Teil beant­wor­tet. Eine Ver­pflich­tung, dass Boni nicht aus­ge­zahlt wer­den, gibt es in der öffent­lich zugäng­li­chen Ver­ein­ba­rung nicht; es ist nur von „Ange­mes­sen­heit“ sol­cher Zah­lun­gen die Rede. Und was die Divi­den­den betrifft, so sind auch hier bei eini­gen Ban­ken kei­ne Beschrän­kun­gen gege­ben: Der Akti­en­kurs der Ers­ten Bank ist bei­spiels­wei­se nach der Geld­sprit­ze durch den Staat wie­der deut­lich nach oben gegan­gen – ver­tei­lungs­po­li­tisch ist das eine schrä­ge Sache!

Gleich­zei­tig legt sich die ÖVP aber quer, was die 13. und 14. Aus­zah­lung der Min­dest­si­che­rung betrifft. Nur zur Grö­ßen­ord­nung: Dabei wür­de es sich um kol­por­tier­te 20 bis 30 Mil­lio­nen Euro an Mehr­kos­ten für rund 270.000 Betrof­fe­ne han­deln. Oder: Das Arbeits­markt­pa­ket I (im wesent­li­chen Kurz­ar­beit) kos­tet 2009 rund 300 Mil­lio­nen Euro, das Arbeits­markt­pa­ket II (Alters­teil­zeit, Bil­dungs­ka­renz etc) über­haupt nur ca. 60 Mil­lio­nen Euro pro Jahr (ab 2010), die nicht ein­mal durch zusätz­li­che Mit­tel aus dem Bun­des­bud­get auf­ge­bracht wer­den. Zum Ver­gleich: 300 Mil­lio­nen Euro ist das obe­re Limit, das ein ein­zel­nes Unter­neh­men als Haf­tungs­gren­ze für Bank­kre­di­te bekom­men kann! Was hier an Aus­fäl­len mög­lich ist, ist im Kri­sen-Bud­get 2009/​2010 noch nicht ein­mal eingeplant.

Der bald zu sanie­ren­den Staats­haus­halt gerät jeden­falls nicht durch die sozia­le Hän­ge­mat­te, die von Grü­nen à la Langtha­ler bis zu den tra­di­tio­nell Kon­ser­va­ti­ven her­auf­be­schwo­ren wird, aus dem Ruder, son­dern auf­grund eines fehl­ge­lei­te­ten (Finanz-)Systems. Vor die­sem Hin­ter­grund ist es eine Fra­ge des poli­ti­schen Anstands, eben der viel­fach zitier­ten Moral, zumin­dest den Schein zu wah­ren und auf das eine oder ande­re „goo­die“ zu ver­zich­ten. Aber, um wie­der in den Zita­te­fun­dus der Stra­ßen­räu­ber und Bett­ler­kö­ni­ge zu grei­fen: „Doch die Ver­hält­nis­se, sie sind nicht so“ ….



(1) Die Drei­gro­schen­oper von Ber­tolt Brecht mit Musik von Kurt Weil wur­de am 31. August 1928 im Thea­ter am Schiff­bau­er­damm in Ber­lin uraufgeführt
(2) sie­he Arti­kel in der Pres­se vom 13. August 2009: „Koali­ti­ons­zwist um Staatshaftungen“


Kategorie: blog 1 Kommentar »

Ein Kommentar:

  1. stefan.ceipek am 27.August 2009 um 11:03h

    …net­ter Arti­kel. Lei­der mit bil­li­ger Anti-Gru­en-Pole­mik am Schluss. Was auch immer Langtha­ler dies­be­zue­g­lich gesagt hat, sie hat seit mitt­ler­wei­le ueber 10 Jah­ren mit den Grue­nen ziem­lich wenig zu tun und die ihr zuge­schrie­be­ne Ein­stel­lung gar nichts mit grue­ner Pro­gram­ma­tik oder Politik.


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