Mythos: „Reich werden kann jede, genauso wie jeder“ – BEIGEWUM

Mythos: „Reich werden kann jede, genauso wie jeder“

am 28. Januar 2015 um 16:35h

Dass die Ein­kom­men von Frau­en und Män­nern aus­ein­an­der­klaf­fen, ist gründ­lich belegt und all­ge­mein bekannt. Viel hart­nä­cki­ger hält sich jedoch der Mythos, dass Frau­en län­ger leben, daher mehr erben und somit die glei­chen Chan­cen haben, Ver­mö­gen zu erlan­gen wie Män­ner. Doch das ist nicht rich­tig. Auch bei Ver­mö­gen gibt es eine Sche­re zwi­schen Män­nern und Frau­en, was vor allem an einer „glä­ser­nen Ver­mö­gens­de­cke“ liegt. Frau­en kom­men ins­ge­samt beim Ver­mö­gen ein­fach nicht so weit hin­auf wie Män­ner. Die Ein­füh­rung von Ver­mö­gens­steu­ern ist des­we­gen auch für Geschlech­ter­ge­rech­tig­keit wichtig.

Frau­en haben das Nachsehen

Tat­sa­che ist, dass es auch bei Reich­tum und Ver­mö­gen einen Gen­der Gap gibt. Die seit kur­zem ver­füg­ba­ren Ver­mö­gens­da­ten der Euro­päi­schen Zen­tral­bank zei­gen, dass in Öster­reich Frau­en gegen­über Män­nern durch­schnitt­lich 40 Pro­zent weni­ger Ver­mö­gen besit­zen. Damit bestä­ti­gen die Daten auch für Öster­reich und Euro­pa, was bis­lang bereits in der inter­na­tio­na­len Lite­ra­tur argu­men­tiert wird – Frau­en haben weni­ger Ver­mö­gen als Män­ner. Das liegt beson­ders an einer „glä­ser­nen Ver­mö­gens­de­cke“: je näher der obe­re Rand der Ver­mö­gens­ver­tei­lung rückt, umso stär­ker fal­len Frau­en zurück (sie­he Abbil­dung 1).

Abbil­dung 1: Weib­li­che ver­sus männ­li­che Haus­hal­te bei den obers­ten 10% in Europa


Quel­le: Schnee­baum et al. 2014

Wor­an liegt es nun, dass Frau­en weni­ger Reich­tum erlan­gen kön­nen als Män­ner? Zum einen an den gerin­ge­ren Arbeits­ein­kom­men. Frau­en haben noch immer stär­ker unter­bro­che­ne Erwerbs­kar­rie­ren, arbei­ten öfter Teil­zeit und in Nied­rig­lohn­bran­chen, und ver­die­nen für die glei­che Arbeit weni­ger. Aller­dings soll­te der Ein­fluss von Arbeit auf Ver­mö­gen nicht über­schätzt wer­den. Nur die wenigs­ten Men­schen wer­den durch Erwerbs­ar­beit reich.

Zum ande­ren ist näm­lich die Über­tra­gung von Ver­mö­gen durch Erben, Schen­ken oder bei Schei­dun­gen ent­schei­dend. Sin­gle-Frau­en erben zwar auf­grund der höhe­ren Lebens­er­war­tung öfter als Sin­gle-Män­ner, aller­dings erben sie gerin­ge­re Sum­men. Die Ungleich­heit bei Ver­mö­gen zwi­schen Män­nern und Frau­en ist daher eben­so wie bei den Ein­kom­men ein Aus­druck von den dis­kri­mi­nie­ren­den gesell­schaft­li­chen Rol­len, Nor­men und Strukturen.

Ver­mö­gens­steu­er als Gender-Debatte?

Für die lau­fen­de Debat­te um Ver­mö­gens­steu­ern beinhal­tet die Ver­mö­gens­sche­re zwi­schen Män­nern und Frau­en daher Span­nen­des. Wenn Män­ner mehr Ver­mö­gen haben als Frau­en, dann ist eine aus­ge­wo­ge­ne Finan­zie­rung des Sozi­al­staats aus Arbeit, Ver­mö­gen und Kon­sum auch aus Geschlech­ter­per­spek­ti­ve gerech­ter. Das heißt auch, dass vor allem Frau­en ver­lie­ren, wenn es kei­ne Ver­mö­gens­steu­ern gibt, da die auf­ge­bau­ten Ver­mö­gen der Män­ner nicht belas­tet wer­den. Aus einer Gleich­be­rech­ti­gungs-Sicht ist daher jeden­falls für die Ein­füh­rung von Ver­mö­gens- bzw. Erb­schafts­steu­ern zu argu­men­tie­ren, um die Benach­tei­li­gung von Frau­en zu vermindern.


Beim vor­lie­gen­den Bei­trag han­delt es sich um den ers­ten von vier gekürz­ten Ver­si­on von Kapi­teln aus dem aktu­el­len Buch „Mythen des Reich­tums. War­um Ungleich­heit unse­re Gesell­schaft gefähr­det“. Die­ses wur­de vom BEIGEWUM, Attac und der Armuts­kon­fe­renz her­aus­ge­ge­ben und stellt den bestehen­den Mythen des Reich­tums Fak­ten ent­ge­gen. Die AutorIn­nen set­zen sich mit Gerech­tig­keits- und Leis­tungs­be­grif­fen aus­ein­an­der, erör­tern die empi­ri­sche Ver­mö­gens­for­schung, und unter­su­chen die Gefah­ren der Ver­mö­gens­kon­zen­tra­ti­on für die Demo­kra­tie. Das Buch ist im VSA-Ver­lag erschie­nen und kann hier bestellt werden.

Kategorie: blog Kommentare deaktiviert für Mythos: „Reich werden kann jede, genauso wie jeder“

Noch keine Kommentare.

Zum Anfang der Seite